Inhalt: Fotos der Veranstaltung finden Sie hier via Austria Presse Agentur. Die Mitschnitte der Keynotes, Präsentationen und Podiumsdiskussionen sowie alle Antworten auf die gestellten Fragen finden Sie im Programm weiter unten. Berichte sind bereits in folgenden Medien erschienen: a3BAU und derPlan44. Erstmals diskutierten Planende und öffentliche Auftraggeber(innen) - unabhängig von der Softwareindustrie - über Praxistauglichkeit und die Anforderungen an diese Technologie mit den Schwerpunkten:
- Panel 1: Open BIM mit funktionierenden Schnittstellen
- Panel 2: Rechtsfragen - Copyright und Kollaborationsmodelle
- Panel 3: Europaweite Forschungs- und Best-Practice-Beispiele
Ziel der Veranstaltung ist eine kritische, aber auch konstruktive Auseinandersetzung mit dem Thema BIM-Planungsinstrumente. Es soll u.a. der für Planende wichtige Aspekt der EU-Richtlinie 2014/24 über die öffentliche Auftragsvergabe, des "nicht diskriminierenden und allgemein verfügbaren Zugangs"1 zur elektronischen Planungssoftware, diskutiert werden - und Wege um dorthin zu kommen, wie etwa offene Schnittstellen, die ohne den geringsten Datenverlust Datenaustausch möglich machen. Das Thema des "nicht diskriminierenden und allgemein verfügbaren Zugangs" wurde in drei Panels debattiert und vertieft.
1 Die für die elektronische Kommunikation zu verwendenden Instrumente und Vorrichtungen sowie ihre technischen Merkmale müssen nichtdiskriminierend und allgemein verfügbar sowie mit den allgemein verbreiteten Erzeugnissen der IKT kompatibel sein und dürfen den Zugang der Wirtschaftsteilnehmer zum Vergabeverfahren nicht einschränken.
Programm
Die Eröffnung (Link zum Video) erfolgte durch die Interessenvertretung der Planenden in Deutschland und Österreich. Danach führten internationale Keynotespeaker (Link zu Keynote 1, Link zu Keynote 2, Link zu Keynote 3) in die Themenschwerpunkte ein. Ihre Thesen wurden anschließend von Expert(inn)en in drei Panels (Link zu Panel 1, Link zu Panel 2, Link zu Panel 3) erläutert und besonders relevante Aspekte für Planende und öffentliche Auftraggeber(innen) aufgezeigt. Der Fokus lag dabei auf Planungen in den "DACH-Staaten" (Deutschland, Österreich und Schweiz). Abschließend wurden die Ergebnisse im "Conclusion-Panel" (Link zum Mitschnitt) zusammengeführt, moderiert mit dem Publikum diskutiert. Besonders erfreulich für die Berufsvertretung der Ziviltechnikerinnen und Ziviltechniker ist, dass es am Ende der Veranstaltung gelang, eine gemeinsame Stellungnahme der Planenden zu verabschieden. Die von der deutschen Bundesarchitektenkammer - BAK (vertritt 16 Länderarchitektenkammern mit 134.419 Mitgliedern, Stand Jänner 2018), der deutschen Bundesingenieurkammer - BIngK (vertritt 16 Länderingenieurkammern mit 45.000 Mitgliedern, Stand März 2018) und der österreichischen Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen - bAIK (vertritt vier Länderkammern mit 10.646 Mitgliedern, Stand März 2018) unterzeichnete Erklärung "Voraussetzung für eine gelungene Digitalisierung von Bauprojekten" finden Sie hier im Anschluss zum Download. Der Abschluss des 1. Symposiums Digitalisierung ist somit der Start für die nächsten Schritte der Berufsvertretung auf nationaler und europäischer Ebene, um die Beibehaltung der Trennung von Planung und Ausführung sowie der im deutschsprachigen Raum bewährten Planungsstrukturen zu gewährleisten. Weitere Ziele sind die Stärkung der Koordinierungsfunktion von Planenden als Systemführende im BIM-Prozess, die Sicherstellung der Aufrechterhaltung der KMU-Strukturen im Planungsbereich durch den "Open BIM"-Ansatz mit normierten, offenen Schnittstellen, die die gespeicherten Informationen vollständig übertragen können, sowie die Schaffung eines europäisch einheitlichen Validierungsprozederes, mit dem die Eignung der BIM-Software festgestellt werden kann.
Panel 1: Open BIM
mit funktionierenden Schnittstellen
Keynote (Link zum Video):
Dr. Arto Kiviniemi MSc Arch. ist Professor für Digitale Planung an der Universität Liverpool und weltweit anerkannter, führender BIM Experte; seit 1996 maßgeblich an der Entwicklung und Implementierung dieser Technologie beteiligt - sowohl in seiner Heimat Finnland als auch international;
Link zu Abstract und CV
Es diskutieren (Link zum Video):
- Associate Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Iva Kovacic, Industriebau und Interdisziplinäre Bauplanung an der Fakultät für Bauingenieurwesen, TU Wien: "BIM Werkzeuge sind geeignet, die Probleme der Planung und Ausführung sichtbar zu machen, jedoch nicht um diese zu Lösen. BIM-gestützte Planung verlangt nach wesentlich mehr Kommunikation als die traditionelle Planung." Link zu Abstract und CV
- Thomas Krijnen, Doctoral candidate, Eindhoven University of Technology, NL: "IfcOpenShell is one of the leading open source implementations of the IFC file format and is geared towards providing an easy interface to extract and manipulate geometry in IFC files. Thomas initiated the project and is the lead developer." Link zu Abstract und CV
- Moderation: Architektin DIin Christine Horner, Arbeitsgruppe BIM der Kammer der ZiviltechnikerInnen
Panel 2: Rechtsfragen
Copyright und Kollaborationsmodelle
Keynote (Link zum Video):
Dr. Wilhelm Bergthaler, Rechtsanwalt, Honorarprofessor an der JKU Linz mit Spezialisierung auf Umwelt-, Industrie und Betriebsanlagenrecht sowie öffentliches Wirtschaftsrecht/Verfassungsrecht; Themen der Verfassungsgerichtsbarkeit, der Grundrechte und des Bundesstaats;
Link zu Abstract und CV
Es diskutieren (Link zum Video):
- DI Michael Möller, mehr als 25 Jahre praktische Erfahrungen im Bereich Auftragswesen in unterschiedlichen Rollen (Baufirma, ZT-Büro, öffentlicher Auftraggeber, Vergabekontrollbehörde), leitet die Stabsstelle Vergabeangelegenheiten und Sonderaufgaben im Geschäftsbereich Bauten und Technik der Magistratsdirektion der Stadt Wien: "Es ist wichtig, dass wir Kundinnen und Kunden kommunizieren, was wir konkret brauchen. Je eher wir das tun, desto schneller werden wir es bekommen. Die Softwareentwicklung geht selten an bekannten, zwingenden Anforderungen und Kernbedürfnissen der Kundinnen und Kunden vorbei."
- Mag. Claudius Weingrill, Leiter Architektur & Bauvertragswesen, Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., mit den Schwerpunkten Bundesvergabegesetz, Wettbewerbe/Studien und Projektabwicklungen, BIM sowie Nachhaltigkeitsthemen: "Zusammenrücken von Bauherrn, Planer und Bauausführende forcieren um ein gemeinsames Verständnis zu erarbeiten, das in der Zukunft bis hin zu einem BIM-gerechten Vergabemodell führen kann."
- Moderation: Architekt DI Bernhard Sommer, Vizepräsident der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Wien, Niederösterreich und Burgenland
Panel 3: Europaweite Forschungs-
und Best-Practice-Beispiele
Keynote (Link zum Video): Dr. Odilo Schoch, Architekt und unabhängiger Berater zur Digitalisierung des Bau- und Immobilienwesens. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ETH Zürich, Programmleiter des berufsbegleitenden Weiterbildungsprogramms "CAS ETH ARC in Digitalisierung des Bauwesens", SIA-Mitglied und der Arbeitsgruppe "Linked Building Data" bei BuildingSMART International, Geschäftsführer der Schoch Dienstleistungen für Architektur GmbH.
Es diskutieren (Link zum Video):
- Dipl.-Ing. MA Thomas Mayer, Magistratsdirektion der Stadt Wien, Stabsstelle strategisches Management
- Architekt Dipl.-Ing. Georg Pendl, Präsident Architects' Council of Europe (ACE)
- Moderation: Architekt Dipl.-Ing. Thomas Hoppe, Arbeitsgruppe BIM, Kammer der ZiviltechnikerInnen
Conclusion Panel: kritisch und lösungsaffin
Fragen und Antworten. Link zum Video.
Keynotespeaker und Interessenvertretung (v. l.: Arto Kiviniemi, Wilhelm Bergthaler, Odilo Schoch, Christian Aulinger, Franz Damm, Peter Bauer) beantworteten alle per SMS und E-Mail gesendeten Fragen der Planenden und präsentierten die gemeinsame Erklärung "Voraussetzung für eine gelungene Digitalisierung von Bauprojekten".
Fragen und Antworten zu Panel 1: Open BIM mit funktionierenden Schnittstellen
Frage 1: Zur fehlenden Ausbildung: Es mangelt nicht an Programmierungs-Skills sondern an der Kenntnis, wie gebaut wird. "Drawn as built" wird flächendeckend nicht beherrscht. Integrale Projektbearbeitung an der Uni hat's schon mal gegeben.
- Antwort Aulinger: Ich finde, dass die fehlende Ausbildung, die in manchen Referaten angekommen ist zum Thema der Beherrschung von BIM-Programmen ... das kann ich nicht bestätigen. Ich kann bestätigen, dass viele Bewerberinnen und Bewerber, die zu uns kommen, viel mehr können sollten. Das ist überhaupt keine Frage. Aber ich kann nicht bestätigen, dass ich an die Universitäten rückmelden würde, sie müssten ihre Ressourcen bzw. die Ressourcen ihrer Studentinnen und Studenten darauf fokussieren. Diese Frage hier formuliert ja, dass die Leute auf der Uni lieber lernen sollen, wie man baut und weniger lernen ... hier steht: "drawn-as-built wird nicht beherrscht". Für mich wäre das als Arbeitgeber schon das erste Ziel, dass eine Kollegin, ein Kollege von der Uni weg halbwegs beherrschen soll, also Grundlagenwissen zum Thema, wie baut man. Mir ist es wichtiger, dass die Leute das einmal können, als dass sie das Wissen haben, wie man den digitalen Zwilling baut, aber nicht wissen, wie man das Haus baut. Das Problem, das ich sehe, ist schon, dass dieser digitale Zwilling zum Selbstzweck wird, wenn ich ihn in der Ausbildung ein bisschen übersteigere. Also wenn ich höre, "Die Leute sollten am besten programmieren lernen!", wann? Die Leute müssen andere Dinge auch lernen und sie haben nur eine gewisse Lebenszeit auf der Uni zur Verfügung und diese Lebenszeit ist sicher nicht 30 Jahre. Die Leute sollen mit Grundlagenwissen zu uns kommen, das Weitere müssen sie ohnehin bei uns auch weiter lernen. Es ist immer so: Gewisse Leute haben eine gewisse Affinität zu einem gewissen Teil im Bereich der Lehre. Das ist völlig nachvollziehbar und das würde mir wahrscheinlich auch so gehen, wenn ich einen bestimmten Teil lehre, würde ich den für besonders wichtig erachten. Ich spreche mit Leuten, die sagen, die Leute verlernen, handwerklich zu denken. Die Leute müssten auf der Uni lernen, wie man eine Mauer aufzieht. Auch das ist gutes Wissen, theoretisch. Wunderbar! Das geht bis ins Freihandzeichnen. Die Leute können nicht alles lernen. Sie sollen selbstverständlich im Zusammenhang mit BIM Grundlagen erlernen. Als ich studiert habe, in den 80er Jahren, war es gerade noch nicht notwendig, ein CAD-Programm zu erlernen und ich ging sozusagen ohne CAD-Ausbildung auf den Arbeitsmarkt. Es war damals zu dem Zeitpunkt kein Problem, einen Job zu finden, weil ich andere Skills hatte. In meinem ersten Büro gab es noch gar kein CAD, im zweiten Büro war es da und dann hat man es halt einfach gelernt. Ich war mit der Notwendigkeit konfrontiert, das in relativ kurzer Zeit zu erlernen und habe das auch getan. Selbstverständlich wären die auch froh gewesen, hätte ich das schon mitgebracht, aber es war nicht der entscheidende Skill. Wenn sich jemand bei mir bewirbt, wird er einen Vorteil haben, wenn er das Programm, das wir verwenden, hat, aber es wird nicht das ausschlaggebende Kriterium sein. Darum würde ich sagen, dass das Ganze natürlich Platz finden soll in der Ausbildung, aber ich möchte nicht die Botschaft aussenden, dass das Architekturstudium in Zukunft ein BIM-Modeling Kurs werden soll.
- Antwort Schoch: Das Architekturstudium, das ich genießen durfte, war integral und ich hatte in den frühen 90er Jahren Fundamentales zur Nachhaltigkeit lernen dürfen. Das konnte ich dann 10-15 Jahre später in Skandinavien einbringen, da war das neu. Was ist graue Energie etc.? Ich war meiner Heimatuniversität, meiner Alma Mater, sehr dankbar. Ich frage mich allerdings, ob wir weiterhin so bauen und die Bauorganisation in Zukunft so haben, wenn wir die Verantwortung übernehmen, dass die Absolventinnen und Absolventen vor allem in den technischen, den Ingenieurberufen in 10 oder 15 Jahren noch Geld verdienen können? Konkret: Diese 3D-gedruckte Decke ist nett, wegen der Materialeinsparung, aber der Bauingenieur, den braucht es dann nicht mehr, das macht ein Algorithmus, der macht die Statik automatisch noch, das ist ein Abfallprodukt für ein Bauunternehmen, das diese Decke druckt. Dann haben wir eine Person wegrationalisiert. Nicht, dass ich das wünsche, aber da kommt eine Fremdwirkung auf und lieber habe ich einen Ingenieur dadurch sensibilisiert, dass er auch das Handeln kann. Es wird weiterhin die Krux geben, dass wir im Planen virtuell sind, auch bisher haben wir halt mit Linien gearbeitet und im Bauen mit Atomen agieren, die sehr schwer zu kopieren sind. Aber rein aus Prinzipien nur am Bauwissen und Skizzierwissen im klassischen Sinn festzuhalten, weil wir damit jetzt 200 Jahre Erfahrung haben, finde ich gefährlich, weil die zukünftige Arbeitnehmerschaft einfach nichts mehr verdienen wird - als Gegenposition. Mein Kommentar ist: Werden Sie DatenarchitektIn! Es macht Spaß, mit Daten Strukturen zu entwerfen. Das ist wie materialisierte Architektur.
- Antwort Kiviniemi: Ich würde gerne ein bisschen über die Ausbildung sprechen. Das hängt sehr vom Markt ab. Ich bin mir sicher, dass die Situation hier anders ist als in Großbritannien (UK), aber etwas läuft in der Ausbildung falsch, wenn die Uni-Absolventen direkt nach der Uni BIM-Kurse machen müssen, um einen Job zu bekommen, wie es derzeit in Großbritannien ist. Darum glaube ich, dass es wirklich wichtig ist, über die Veränderungen in der Ausbildung nachzudenken, denn es braucht Zeit, das passiert nicht über Nacht. Ich bin nun fünf Jahre an der Universität Liverpool und das war das erste Jahr, dass die Professoren begonnen haben, sich dafür zu interessieren, wie die Studenten BIM als Design-Tool lernen können. Das müssen wir ansprechen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Uniabsolventen auch Arbeit finden, arbeitsfähig sind.
Frage 2: Open/closed BIM für öffentliche Auftraggebende: Würden Sie mir anhand der aktuellen Entwicklungen eine Empfehlung dazu abgeben? Und wie würden die beiden Hauptargumente lauten?
- Antwort Kiviniemi: Als wir die BIM-Richtlinien für die "Senate Properties" erstellt haben, konnten wir die Definition nur über Open-BIM machen. Wir mussten sichergehen, dass die Leute BIM-Software in den Projekten verwendeten. Das war der einzige Weg. Man muss das IFC-File verwenden, man kann nicht das IFC-File eines Projektes verwenden, wo BIM nicht zum Einsatz kommt. Wir konnten nicht sagen, dass man Revit oder ArchiCad oder anderes verwenden muss, das ist für den öffentlichen Auftraggeber unmöglich. Der Inhalt, der verlangt wird, muss mit den offenen Standards definiert werden. Das ist das, was ich lernen musste.
- Antwort Bauer: Ich möchte schon darauf hinweisen, dass wir ein bisschen ins Wasser geraten, was wir mit BIM alles machen werden. Da werden wir dann zusammenarbeiten oder das Zusammenarbeiten muss man auf der Universität erst lernen, das machen die nicht so richtig ... Ich würde sagen, das ist die Diskussion der letzten 100 Jahre. Es gibt gute Architekten, gute Ingenieure und schlechte Architekten, schlechte Ingenieure. Die guten, aus meiner Sicht, arbeiten schon immer zusammen. Sie verwenden dabei die Werkzeuge, die ihnen adäquat vorkommen und wir skripten auch und wir verwenden alle 3D-Modelle und tauschen die aus. Das Wesen, wo ich gerne wieder hinführen würde, wir sind ja hier nicht mit einem ganz neuen Werkzeug konfrontiert, das noch nie jemand von uns gesehen hat. Wir planen ja alle 3D. Das Problem an dem Ding, das ich sehe, ist, dass eine Technologie vielleicht verpflichtend vorgeschrieben wird, darüber wollen wir eben hier diskutieren, dass beiden Seiten, uns Planern und den Auftraggebern klar ist, dass das nicht so einfach ist. Das ist heute, glaube ich, sehr schön herausgekommen, dass man auch eine hohe Bestellqualität braucht, wenn man solche Tools bestellt und nicht gleich wieder in die nächste Abhängigkeitsfalle stolpern möchte. Das wäre mir wichtig. Die Technologie ist total faszinierend und alle verwenden sie im Büro, aus meiner Sicht, so "lonely happy BIM" - das stimmt. Es ist aber eben noch nicht ausgereift und zu dem Schreckgespenst "Wir werden keine Bauingenieure mehr brauchen, weil der Computer das alles optimiert!" das wird super sein, weil wir werden dann andere Dinge machen. Es wird immer Ingenieurleistung brauchen, glaube ich. Ich sehe tatsächlich eine Chance, in so einer Produktion, weil auch das Handwerk massiv gefährdet ist. Wer die Diskette in den Drucker schiebt, ist nämlich egal. Ob das ein Baumeister oder ein Bauingenieur oder ein Architekt macht, ist in Zukunft eigentlich egal. Da wird sich der Markt ordentlich revolutionieren. Aber ich würde darauf warten, bis er das tut und es nicht verpflichtend vorschreiben, nicht verpflichtend einführen.
Frage 3: Welche Software-Produkte gibt es derzeit auf dem Markt (Windows, Linux und Mac) und welche Vorteile bzw. Nachteile bieten diese jeweils in Hinblick auf Kreation, Konzept, Wettbewerb, Ausführung, Auswertung, Kommunikation mit Konsulenten, Auftraggebern, Behörden?
- Antwort Schoch: Schauen Sie einmal die KBOB-Empfehlung (Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane, Stand 01/18) der öffentlichen Bauherren zu BIM an. Die sind recht fundiert auf acht Seiten, wie man als Öffentlicher BIM bestellt. Einfach googeln.
Frage 4: Macht es in der Praxis Sinn, dass es einen zentralen BIM-Verantwortlichen gibt, der für Austausch und Qualitätssicherung (Moderation, Timeline...) zuständig ist? Wie ist der Stand der Dinge, welche Tendenzen gibt es? Wo sind die Möglichkeiten für kleine Architekturbüros?
- Antwort Bergthaler: Generell sollte man bei allen arbeitsteiligen Prozessen in der digitalisierten Welt zwei Begriffe beherzigen. Das eine ist der Kernbereich der Eigenleistung und das andere ist der Randbereich oder die Schnittstelle zur Fremdleistung. Letztlich muss Ihnen ein Leistungsbild vorschweben, das diesen Kernbereich möglichst präzise umschreibt und das diesen Graubereich, der die Eigenleistung umgibt. Jetzt können Sie es Randbereich nennen, Kontrollbereich, Schnittstellenbereich, Schulterschlussbereich, ... das den möglichst begrenzt. Das werbliche Herausstellen der tollen Eigenleistung ist weniger das Problem, als das werbliche Herausstellen der umfassenden Kontrolltätigkeit, denn dort erwecken Sie dann beim Vertragspartner Erwartungen, die rasch zu einer Überforderung kommen können. Also klare Abgrenzung, Kernbereich der Eigenleistung-Kontrollbereich der Fremdleistung, dann sind Sie auch in solchen BIM-förmigen Prozessen durchaus haftungsrechtlich abgesichert.
Frage 5: Laut Vortrag gibt es 24 BIM A rchitekturprogramme. Gibt es eine Evaluierung/ Einschätzung/ Überblick/ Dokumentation zu dieser Welt?
- Antwort Kiviniemi: Die 24 verschiedenen Softwareprogramme für Architekten ... das waren nur die, die ich in der Praxis gesehen habe. Ich glaube, es gibt sicher hundert Architektursoftwareprogramme. Die einfache Antwort auf die Frage, ob es hier bereits Vergleiche oder Tests zur Benutzerfreundlichkeit ("usability") gibt, ist: nein. Es wäre sehr, sehr schwer, so etwas zu machen, denn die beste Software, wie man so schön sagt, ist die, bei der man weiß, wie man sie verwendet. Soviel ich weiß, hat niemand jemals 24 Designsoftwareprodukte verwendet. Für so einen Test müsste man die Software über einen längeren Zeitraum verwenden, um sie genauer kennenzulernen. Wenn man sie nur kurz testet, ist immer jene Software die beste, die man gerade wirklich verwendet, denn bei der weiß man genau, wie man sie anwendet. Die einzige Art das herauszufinden ist wirklich, jemanden zu finden der sich dafür interessiert und das beste Instrument für die jeweilige Aufgabe findet. Es gibt kein perfektes Tool für alles, was wir machen. Ich glaube, das haben wir schon gesagt. Wenn man die frühe Planung, das konzeptuelle Design macht oder die Detailplanung, die Anforderungen dabei sind sehr unterschiedlich. Welches Produkt ist nun das Beste? Ich glaube nicht, dass wir das wirklich so sagen können. Leider sind fast alle BIM-Programme derzeit für die Dokumentation des Endergebnisses. Keines davon unterstützt den kreativen Prozess wirklich. Sketch-Up ist hier ein großartiges Tool, Rhino ist auch ein großartiges Tool, aber das ist eigentlich keine wirkliche BIM-Software. Das ist eine der Herausforderungen. Wie kann man einen Arbeitsablauf (Workflow) schaffen, in dem man verschiedene Softwareprodukte verwenden kann, um für jede einzelne Aufgabe das beste Tool zu haben? Ich glaube nicht, dass es auf die Frage, was die beste Software ist, eine Antwort gibt.
- Antwort Schoch: Wir motivieren alle, "just BIM it, just start it". Man muss sich damit beschäftigen. Die Digitalisierung kommt. Es gibt wahrscheinlich einen kleinen Nischenbereich im Bauwesen, wo man ohne digitale Tools noch überleben kann, in 10 Jahren. Jetzt lernen! Auch wenn es halb fertig ist, noch "lonely little happy BIM". Dann hat man nicht mit anderen zu streiten, über die Rechtsform, "authorship", usw. Deshalb dieses "happy BIM". "Lonely" - eigene Mehrwerte kreieren. Man wird diese klassische Kurve der übersteigerten Erwartungen, das Tal der Ernüchterung dann erkennen. Die 24 Tools - ja, schauen sie, was ihr persönliches Ding ist. Was wollen Sie einfach damit machen? Kann Ihr jetziges Tool vielleicht etwas.... des Nachbars Garten ist ja immer grüner. D. h. das andere Tool ist ja immer besser, aber schauen Sie erst mal, was Sie in den letzten 10 Jahren mit dem eigenen Tool nicht gemacht haben. Ich würde dann schauen, wenn Sie gerne in Typologien, Bauteil- Raumtypologien arbeiten und parametrisch denken, in Logiken, ob das Tool skriptbar ist. Das sind Kriterien, die in Zukunft zählen, dass sie Automatismen selbst erstellen können. Ja, auch das ist Architektur und da können wir jetzt nach oben zur Ausbildung springen. Mein Kommentar ist: Werden Sie DatenarchitektIn! Es macht Spaß, mit Daten Strukturen zu entwerfen. Das ist wie materialisierte Architektur.
Frage 6: Ist die strikte Trennung der Domain/Fachmodelle innerhalb eines BIM-Prozesses der richtige Weg? Wir bleiben dadurch in der traditionellen, sequentiellen Planungsmethode und verzichten auf Synergien, die ein Arbeiten in einem gemeinsamen Modell mit sich bringen (parallele Bearbeitung, nur einmalige Modellierung,...). Wir haben gute Erfahrungen, wenn zumindest Architektur und Statik innerhalb einer "closed-BIM" Lösung arbeiten und andere Fachmodelle zwecks Koordination verlinkt werden.
- Antwort Kiviniemi: Bei der Differenzierung zwischen der Domain und einem allgemeinen "common model", gibt es natürlich verschiedene Meinungen. Bei der rechtlichen Präsentation, die wir hier gehört haben, zeigte sich, dass ein Modell, bei dem die Verantwortung nicht klar verteilt ist, absolut unmöglich ist. Es geht nicht, dass es gemeinsame Verantwortung gibt und man Veränderungen von jedem akzeptieren muss. Die einzige Möglichkeit ist, einen Verantwortlichen zu haben, der für die Information in einem Modell zuständig ist. Die Frage der Koordination ist komplizierter, da wir natürlich denken müssen, wer für die Koordination verantwortlich ist.
Frage 7: Die aktuelle Situation der noch nicht sehr hohen Dichte an Referenzprojekten bedingt eine Unsicherheit bei der Ausschreibung zu Planungsleistungen. Gibt es dazu aus Ländern mit längerer Erfahrung, bzw. der Vorgabe zur Verwendung von BIM, Empfehlungen zur Vorgangsweise?
- Antwort Kiviniemi: Wenn ich auf die Frage zurückkomme, wie es in den Ländern steht, die bereits mehr Erfahrung mit BIM haben, so war ich einer der Hauptautoren der Senate Properties BIM Guidelines 2007, dazu gab es 2012 ein Update (COBIM) das den nationalen Anforderungen entsprach. Was wir damals zur Koordination festgelegt haben, war, dass wenn es in einer Domain fehlende oder falsche Information gibt, ist der Autor dafür verantwortlich. Also wenn das Architektenmodell falsche Informationen beinhaltet, ist nicht der Koordinator verantwortlich, wenn er den Fehler nicht erkannt hat, sondern die Person, die den Fehler gemacht hat. Aber wenn man das Koordinationsmodell ansieht, und es hier zu einem Konflikt/Fehler kommt, den der Koordinator nicht findet, dann ist der Koordinator für die Folgen dieses Fehlers verantwortlich, denn es gibt keine andere Einzelperson, die dafür verantwortlich gemacht werden kann. Es sind also ganz klare Vorgaben. Ich denke, es ist sehr gut, sich die finnischen Richtlinien anzusehen, denn die Version von 2012 basiert auf fünf Jahren Erfahrung mit BIM-Projekten. Die Menschen, die diese Richtlinien erarbeitet haben, waren fünf Jahre lang sehr stark in diese Projekte eingebunden. Für mich ist das eine sehr gute Erfahrung, wie man BIM einsetzen kann, aber für mich ist es etwas, das keine Alternativen hat. Die Koordination ist hier viel besser und die Verbindung zwischen den Domain-Modellen muss verbessert werden, verglichen zur derzeit verwendeten Technologie. Aber wir müssen noch immer die Verantwortung für unsere eigene Arbeit haben. Ich sagte, dass wäre keine technische Frage, sondern eine Frage der rechtlichen Verantwortung für die eigene Arbeit.
Frage 8: Wir es eine Option sein, digital einzureichen, keine Verpflichtung - ähnlich wie bei Finanzonline? Sie können beim Finanzamt auch analog einreichen.
- Antwort Damm: Ich glaube, diese Methode oder zumindest 3D- und IFC-Daten produzieren zu können, ist spätestens dann relevant, wenn der Herr Mayer (Anm. in Wien) mit seinem Projekt erfolgreich ist und wir nur mehr digital eingeben können, dann könnte es sozusagen zur Pflicht werden, die auch tatsächlich produzieren zu müssen. Wenn dann so viel Arbeitsersparnis beim Amt ist, dass sie für den, der digital eingibt, die Gebühren senken können, weiß ich nicht, wie lange die Bauherren das mitmachen, dass man dann analog eingibt.
Fragen und Antworten zu Panel 2: Rechtsfragen
Frage 1: Die Übergabe des BIM Modells an den Auftraggeber. Definition des Besitzers und des Eigentümers und wie verhält es sich dabei mit dem geistigen Eigentum und dem Werknutzungsrecht?
- Antwort Bergthaler: Geistiges Eigentum bleibt immer beim Schöpfer. Wir räumen nur Werknutzungsrechte ein und müssen relativ eng beschreiben, was darfst du mit diesem Werknutzungsrecht anfangen. Bei BIM wäre zum Beispiel eine Möglichkeit, dass man sagt, diese Datenbank übergebe ich technisch in einer Form, die nicht veränderbar ist. Wenn du sie verändern willst, musst du mich fragen oder du musst mich zunächst zur Anbotslegung einladen. Dann natürlich ein bisschen eine typisch juristische Begleitmusik: Wenn du einem dritten native Daten weitergibst, dann zahlst du mir gleich ein angemessenes Entgelt, unabhängig davon, ob der das nutzt oder nicht. Du darfst es für dieses Bauprojekt verwenden oder für zwei gleichartige Bauprojekte oder nur in dieser Projektphase und bei späteren Projektphasen musst du mich wieder beiziehen, also den Nutzungszweck zu dem das Werknutzungsrecht eingeräumt wird immer relativ eng umschreiben.
Frage 2: Die Planungsleistungen werden einzeln vergeben. Gibt es dazu Erfahrungen bzw. Modelle, wie die BIM-Koordination (auch im Sinne der Haftung) dabei erfolgen kann/ soll?
- Antwort Bergthaler: Einzelvergabe ist grundsätzlich möglich. Soweit ich weiß, ist das im angelsächsischen Raum durchaus üblich. In Österreich ist es schwierig, denn dazu braucht man standardisierte Leistungsbilder, sonst kommt man bei der Einzelvergabe durcheinander. Da passen die Leistungen nicht mehr zueinander: D. h. da braucht man eine gewisse Standardisierungsvorlage, damit es einzelvergabefähig ist, aber prinzipiell durchaus möglich.
Frage 3: Wie sollen Fragen der Haftung in BIM vertraglich geregelt werden? Wie sieht es mit der Haftung des koordinierenden Planers bei BIM aus?
- Antwort Bergthaler: Da würde ich wieder auf meine Kernbereich-Graubereich-Gliederung verweisen wollen.
Frage 4: Ist der "Spranzschutz" auch gegeben, wenn man keine Chance auf den Auftrag gehabt hätte? Muss man nicht nachweisen, dass man quasi auf der "potentiellen Anbieterliste" gestanden ist?
- Antwort Bergthaler: Spranzschutz ja, egal ob sie ein chancenloser Anbieter waren oder ein chancenreicher. Der Grundgedanke ist ein wettbewerbsrechtlicher und fällt unter eine Fallgruppe, die wir Juristen Ausbeutung fremder Leistung und sklavischer Nachahmung nennen. D. h. der Unrechtsgehalt liegt darin, dass jemand ohne eine Eigenleistung aufbauend auf einer Fremdleistung, die ihm irgendwie zugekommen ist, ohne dass er dafür irgendetwas bezahlt hat oder Rechte bekommen hätte, zum eigenen Vorteil ausbeutet. Ausbeutung fremder Leistung, das ist der Spranzschutz. Er ist, glaube ich, im juristischen Sprachgebrauch nie so genannt worden. Ich möchte dem Fragesteller gratulieren, das ist eigentlich eine phantastische Prägung.
Frage 5: Wäre es nicht denkbar, dass bei absehbaren BIM-Projekten eine gemeinsame Haftung hervorgeht und somit auch eine gemeinsame Projektversicherung eventueller Aufwendungen auch "planerintern"? In der Praxis sehe ich als SV in Gerichtsprozessen die große Problematik der technischen Zuordnung von Fehlern, der Informationsflüsse im Rahmen eines BIM-Modells, etc...
- Antwort Bergthaler: Gemeinsame Haftung: Es ist richtig, dass das der bequemere Weg wäre. Man haftet gemeinsam, man hat eine gemeinsame Versicherung und damit gibt es einen Pool. Natürlich löst das viele Abgrenzungsfragen. Ich warne aber davor, diese Haftungs- und Verantwortungsgrenzen dadurch einfach zu verwischen und zu sagen, naja, wir haben eh eine gemeinsame Versicherung, die deckt das dann ab. Das führt letztlich dazu, dass die Verantwortungsgrenzen nicht mehr sorgfältig wahrgenommen werden. Wenn dann etwas passiert, was entweder die Grenzen des Versicherungsschutzes überschreitet oder wo einer sagt, "Für diesen Bock hafte ich nicht mehr mit!", dann hat man wesentliche Freizeichnungsmöglichkeiten übersehen. Ich plädiere eher dafür, ganz konservativ den eigenen Verantwortungs- und Haftungsbereich scharf abzugrenzen. Ja, es kann ein Pooling der Versicherungskosten geben, aber bitte kein Aufgehen in eine allgemeine Solidarhaftung. Da können sie dann gleich gemeinsam in eine GesBR gehen, weil das erwartungsgemäß dazu führt, dass jeder Richter sagen wird, "Ok, wir reden jetzt nur mehr vergleichsmäßig", aber raus kommt da keiner mehr, ohne dass er ordentlich in die Tasche greift.
Frage 6: Wie schaut die rechtliche Rolle des Bauführenden aus? Mit und ohne BIM?
- Antwort Bergthaler: Das wäre bis vor zwei Monaten wahrscheinlich relativ einfach zu beantworten gewesen, weil der ja an sich für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Baunormen zuständig ist, und man sagt, es gibt keine zweite Bauaufsicht und keine übertriebenen Haftungserweiterungen, mit oder ohne BIM ist da durchaus gleich. Es gibt aber seit zwei Monaten zu einem verwandten Modell, zum gewerberechtlichen Geschäftsführer, eine oberstgerichtliche Entscheidung. Beim gewerberechtlichen Geschäftsführer steht im Gesetz, er haftet der Behörde gegenüber und dem Unternehmen gegenüber. Der Oberste Gerichtshof hat gesagt, damit auch der Allgemeinheit gegenüber und hat eine erweiternde Haftung auch gegenüber Dritten in bestimmten Bereichen aufgemacht, nämlich dort, wo der gewerberechtliche Geschäftsführer seine Befugnis überschreitet. Fall: Irgendeine schwindlige Erdbaufirma baut im Hang, der Hang rutscht, oben, unten. Der Oberste Gerichtshof sagt, gut, da hat der Bauführer einer Erdbaufirma klarerweise seine Befugnis überschritten. Er haftet aus diesen Regelungen, ohne dass er mit irgendjemandem einen Vertrag hat oder es im Gesetz hat, direkt gegenüber allen Geschädigten. D. h. das passiert sozusagen, wenn Gesetzen eine gewisse Schutzwirkung oder ein Schutzcharakter für die Allgemeinheit zugedacht wird, das muss nicht im Gesetz drinnen stehen. Man müsste jetzt eher daran denken, es ausdrücklich auszuschließen, wo ich das nicht haben will. Aber dieser Schutzgedanke ist in der Rechtsprechung ganz stark. Was die Judikatur bei Haftungen aus BIM macht, wage ich noch gar nicht abzusehen. Da sind wir bei dem, womit ich meinen Vortrag beendet habe, das ist die richterliche Rechtsfortbildung und die kann schmerzlich sein. Es gibt tatsächlich eine Tendenz bei der Vertragsauslegung, dass der Richter sagt, und das ist sogar ein Originalzitat der Judikatur, er ist nicht verpflichtet zu Denksportaufgaben bei Verträgen, die inhaltlich nicht aufeinander abgestimmt sind. D. h. sobald der Richter sieht, da sind unzusammenhängende Teile wirr aneinander geordnet und es gibt keinen Sinn, hört er auf nachzudenken und sagt, das ist keine in sich konsistente Abgrenzung, daher haften im Zweifel alle. Das soll uns aber nicht entmutige. Ich finde, dass das, was beispielsweise die Bundesarchitektenkammer Deutschlands gemacht hat, bei diesen Haftungsregelungen und urheberrechtlichen Festlegungen, das sind jeweils eineinhalb Seiten, mit sehr sehr klaren Formulierungen ... das schafft auch ein Richter mit freier Zeiteinteilung, diese drei Seiten zu lesen. Vor allem, wenn sie konsequent durchgehalten werden, bei allen. Wenn er das sieht, dann sieht die Judikatur schon, das ist das Modell und das hilft dann sehr wohl. Dann sagt er, ok, das ist ein gewisser Branchenstandard, man hat sich darauf verständigt, mehr kann der nicht, sonst müsste er allenfalls nachforschen, wo hätte er nachschauen müssen, und das ist für Richter auch unangenehm, wenn sie bei 2.000 Seiten dann sehen müssen, das hätte er sehen müssen. Also man kann sich mit dem Hang zur Kürze und mit klaren Regelungen durchaus Prozessvorteile für solche Haftungsfälle herausholen. Aber wesentlich ist, es muss insgesamt ein konsistentes und widerspruchsfreies System sein. Und Bilder helfen auch vor Gericht! Charts und dergleichen.
- Antwort Schoch: Worst case, worst practice, sie hatten öfters eine deutsche Kanzlei zitiert, da gibt es einen Referenten, der hat innerhalb von drei Jahren seine Meinung zu BIM revidiert! Und das stellt uns Planer, wenn ein Projekt fünf oder zehn Jahre geht, vor Herausforderungen. Kopieren sie nicht immer alle Vorgaben, die sie irgendwo im Internet runterladen können, vor allem die besonderen Vertragsbeilagen, Bestandteil-BVBs, aufpassen, die mögen alt sein ... Das andere, sie erwähnten so ganz angenehm, da macht man das vertraglich, dass man die Daten nicht mehr ändern kann oder darf. Jetzt haben wir aber den Bauherren explizit Open-BIM-Datenstrukturen gegeben. Da kann doch jeder im Text auf dem Handy ändern. Das ist ja offen dokumentiert, jeder kann da herumarbeiten. Vielleicht hat sich das mit dem Nutzungsrecht dann doch wieder ermöglicht. Das ist die Schweizer Lösung derzeit, dass man sagt, wir kaufen die Daten nicht, sondern nur das Nutzungsrecht und zahlen vielleicht dafür, das finde ich einen cleveren Ansatz. Es wird keinen wirksamen Schutz von Daten geben. Apple hat auch kein Digital-Right-Management mehr drauf. Dann müssen wir eben andere Modelle finden, das ist jetzt auch nicht grundsätzlich schlimm. Man sollte ja eh nicht im Projekt streiten, grundsätzlich, der Werkerfolg ist das wichtige!
- Antwort Damm: Eigentlich denke ich genau in die gleiche Richtung. Wir haben da im Endeffekt genau das gleiche Problem, das die Musikindustrie auch hatte. Da war ja auch alles schön und recht, dass man nichts kopieren darf und nicht spranzen, wobei ich das Wort auch nicht kenne, zumindest in der Steiermark ist es nicht so geläufig. Die Musikindustrie hat dahingehend reagiert, dass sie am Ende natürlich auf der einen Seite massenweise geklagt hat, aber auf der anderen Seite auch wirksame Digital-Right-Management-Systeme eingeführt hat, mit denen sie ihre Daten kontrollieren können, die irgendwo im Internet unterwegs sind. Ich erkenne jetzt nicht, ob IFC-Modelle derzeit schützbar wären. Wahrscheinlich muss man daran arbeiten, um tatsächliche einen wirksamen Schutz zu erreichen.
Frage 7: Zum Thema Werknutzungsrecht: Ich plädiere da auch wieder für einen fairen und realistischen Umgang. Wie weit geht es? Welche Rechte, welche Pflichten hat jede Seite?
- Antwort Bergthaler: Dem Hinweis auf die Warnpflicht stimme ich natürlich zu. Genau um das geht es. Die Risikoverschiebung auf den Architekten findet nicht statt, wenn er gewarnt hat. Er muss nicht weiter darauf dringen, dass die ungenügenden Grundlagen verbessert werden. Er hat gesagt, dieser Mangel geht auf dein Risiko und kann sozusagen seine Arbeit fortsetzen. Ich glaube, dass auch dort, wenn man eine Standardisierung bietet, wo man sagt, gut das eine ist realitätsfremd, es ist zwar juristisch möglich, aber es kommt eigentlich einer Entmündigung des Bauherren gleich und das andere kommt einer kompletten Aufgabe des Urheberrechts gleich, weil er es für alle Zeiten verliert, wenn man dazwischen einen standardisierten Bereich, good practice, definiert, ist das ohnehin in diesem Bereich das richtig. Denn wir müsse uns bei BIM davon verabschieden, dass wir das Bild der ganz individuell ausgehandelten Einzelvertragslösung, die mit jedem ein bisschen eine Extrawurst beinhaltet, zustande bringen. BIM drängt auf Standardisierung, weil digitalisierte Modelle Templates brauchen, auch im vertraglichen Bereich. Auch dort brauchen wir ein gewisses Arsenal an guten, fairen Vertragsbestandteilen, das können schon Variationsbandbreiten sein, aber die müssen dann auch kompatibel sein. D. h. wir kommen bei BIM ohnehin nicht drumherum, dass wir uns von dieser Idee des "schlaucherlartigen" Sondervorteils verabschieden - den sich irgendeiner rausholt und den der andere dann nicht bekommt - sondern eher bewährte, standardisierte Modellelemente, die kombinierbar sind, wo man dann genau weiß, das ist sozusagen typisiert nach größerer Freiheit oder größerer Rechteeinräumung, je nachdem wie man es verstehen will. Das ist sozusagen auch für uns Juristen ein bisschen der Abschied von der versteckten Klausel.
Fragen und Antworten zu Panel 3: Forschungs-/Best-Practice-Beispiele
Frage 1: Die aktuelle Situation der noch nicht sehr hohen Dichte an Referenzprojekten bedingt eine Unsicherheit bei der Ausschreibung zu Planungsleistungen. Gibt es dazu aus Ländern mit längerer Erfahrung bzw. der Vorgabe zur Verwendung von BIM, Empfehlungen zur Vorgangsweise?
- Antwort Schoch: Es gibt meiner Meinung nach ganz wenige Projekte, wo man sagen kann, man hat einen gesamten Lebenszyklus datengestützt, nicht zwingend 3D, sondern datengestützt, strukturiert, bewusst bearbeitet. Daten hat man immer, aber das mit den strukturierten Daten ist ja das Problem. Ein PDF, ein E-Mail machen ja noch lange keine datengestützte Effizienz aus. Gehen wir kurz auf die zweite Frage ein. Auch da wieder: einfach nicht kopieren!
Frage 2: Aus beratender Sicht: Gibt es Empfehlungen wie ein Übergangsszenario zur Anwendung von BIM für planenden Büros am sinnvollsten und effizientesten erfolgen kann? Sowohl fachlich als auch strukturell?
- Antwort Schoch: Ja! Aber was bringt ihnen das, wenn sie jetzt von irgendwo anders etwas für ihr konkretes Projekt kopieren, wo sie auch eine Verantwortung übernehmen. D. h. erst mal selber einschätzen. Jetzt gehen wir einmal ganz rational davon aus, wenn sie nicht verstehen, was im Vertrag drinnen steht, unter Bestellung oder beim Tool, was das kann, dann sind sie ja selber unsicher. Egal in welcher Rolle sie im Projekt sind. Das sind jetzt klar diese generalisierten Antworten, die braucht man hier auch, auf der datentechnischen Ebene, darum steht das IFC dokumentiert online kostenlos ohne Log-In zur Verfügung. Sie können nachschauen, welche digitalen Bauteile es gibt. Es gibt Stützen, Wände, Decken. Vielleicht kein Fundament, vielleicht gibt es nicht den österreichischen Briefkasten als Objekt vordefiniert, dann gibt es den auch nicht zu bestellen. Da muss man sich einfach damit beschäftigen. Jetzt bei IFC: Wenn Sie Software unabhängig ausschreiben, dann ist das einfach eine faszinierende Quelle. Da steht drinnen, was es gibt. Für meine Kunden, wenn ich privatwirtschaftlich aktiv bin, geht man durch, welche Bauteile brauchen die, um ihren Zweck erfüllen zu können. Das sind in diesem Fall bei mir Bauherren, aber grundsätzlich sagt ja niemand, dass man erst bimmen muss, wenn der Bauherr einen zwingt. Man könnte ja eigeninitiativ, intern oder mit seinem anderen Planungspartner im Projekt datengestützt arbeiten. Man kann aber auch sagen, was kann die spezifische Software? Was sind dort wirkliche Daten/Objekte, technisch sind es Klassen. Das ist meine Empfehlung zum Vorgehen. Nicht sehr hohe Dichte an Referenzprojekten ... ja es gibt sie schon, aber fragen, und vielleicht noch auf eine Veranstaltung gehen, wie diese hier, herumreisen, mit Leuten reden.
Frage 3: Sorgt BIM dafür, dass es eventuell eine neue Studienrichtung geben wird?
- Antwort Kiviniemi: Es wird schon zu etwas Neuem kommen. In GB gibt es einige Studienprogramme, wo man bereits zum BIM-Spezialisten ausgebildet wird. Das ist etwas, das ziemlich leicht war, umzusetzen. Es war komplett neu an der Manchester University, Suffolk University und in Liverpool. Aber die Herausforderung ist, BIM als normales Instrument zu den Ingenieuren und Architekten zu bringen. Ja, wir müssen sichergehen, dass sie ihre technischen Skills haben. Die universitäre Ausbildung ist kein Softwaretraining, aber es muss etwas geben, dass die Leute ein Verständnis dafür entwickeln. Wir brauchen Spezialisten, aber auch Professionisten, die BIM als normales Design Tool anwenden können.
- Antwort Schoch: Es ist auch die Methodenkompetenz notwendig, dass man weiß, dass man kollaborativ arbeitet. Das heißt, dass man innerhalb von zwei Stunden ein Informationsupdate bekommt. Ich möchte direkt nicht Werbung machen, aber das Dublin Institute of Technology hat eine ziemlich gute Ausbildung zum "architectural technologist". Und jetzt stellen sich alle Nackenhaare bei allen Architekten auf, "technologist", das heißt halt dort so. In Dänemark wäre es der Konstrukteur. Die lernen die Grundelemente vom technischen Planen, von Architektur, aber auch die Tools und Methodik. Das sind integrierte Projektkurse. Faszinierend! Die machen das seit 10 Jahren, und die machen das richtig gut. Wir haben hier eine andere Planungskultur, aber man kann auch ein bisserl schauen ... in der Schweiz haben wir eine Ausbildung zum Bauzeichner, zur Bauzeichnerin. Die lernen richtig mit den Tools umzugehen und die Methodik. Das Problem ist dann nur, die Vorgesetzten sind noch nicht so weit.
- Antwort Bauer: Mir ist da etwas aufgefallen. Es gibt eine Frage, sorgt BIM dafür, dass es eventuell eine neue Studienrichtung geben wird? Zuerst kam der Einwand bzw. die Aussage, im IFC gibt es keinen Briefkasten. Man kann das natürlich so lösen, dass man das Postwesen reformiert. Man kann ja auch ohne Briefkasten auskommen, in dieser Welt, oder man schreibt gefälligst das Programm so, dass das kein großes Thema ist. Und ich würde doch für die zweite Lösung plädieren. D. h. BIM als Studienrichtung ... es soll gerne eine Informatikrichtung geben, die sich damit speziell auseinandersetzt, wie man Informationsdatenbanken so organisiert, dass sie Architekten und Tragwerksingenieure und Haustechniker verwenden können. Das ist sicher ein Riesenthema. Ich erwarte auch von einem Textverarbeitungsprogramm, dass die Sekretärin nicht auf der Skriptbasis ein Komma setzt, sondern die gibt ein Komma ein. Wir beschäftigen uns die ganze Zeit damit, was wir alles tun könnten, damit wir einem Programm, das eben in so unmöglichen Dingen wie Stützen und Trägern denkt, das beibringen. So denke ich einfach nicht mehr und viele Architekten auch nicht. Sondern wir denken in Strukturen, in Bauelementen und bei einer gekrümmten Schale verschwimmt das alles und ich kann das dem Ding aber leider nicht beibringen, weil es kann eben nur Decken und Träger und Stützen und Fundamente halt noch nicht. Pech gehabt! Ich habe gar nichts dagegen. Ich bin wahrscheinlich wie viele hier ein "early adopter" und beschäftige mich gerne mit Grasshopper, aber ich sehe es als Spielzeug, als Möglichkeit, damit etwas Spannendes auszuprobieren. Es wird sicher super funktionieren, dass man es in 10 Jahren so verwendet wir unsere derzeitigen Planungswerkzeuge.
- Antwort Kovacic/ TU Wien: Wer sich für Programmierung interessiert, wird höchstwahrscheinlich Informatik studieren, würde ich raten. Allerdings gibt es bei den FHs Studienlehrgänge, die wirklich beginnen, BIM-Manager auszubilden. Wir sehen das relativ kritisch, denn für uns ist das keine universitäre Ausbildung. Aufgabe einer Universität ist es vordergründig, den Menschen beizubringen, wie man lernt, so dass sie sich nachher selbst neue Erkenntnisse, neue Konzepte usw. aneignen können. Das ist unsere Stärke. Wir können wirklich nichts anderes, keine praktische Ausbildung geben, sondern wirklich Leuten beibringen, wie man lernt. Das sehe ich als unsere Grundaufgabe. Natürlich muss man dadurch auch BIM in die Lehre inkludieren, aber nur als ein Werkzeug. Ich möchte keinen universitär ausgebildeten BIM-Manager, den kann ich in fünf Jahren nicht mehr anstellen. Den brauchen wir nicht mehr, weil alle auf einem Niveau sein werden, wo sie sich das selbst machen können. So meine Hoffnung. Allerdings, was es schon gibt, sind interdisziplinäre Studiengänge, wie beispielsweise unser GCD, Center for Computational Design, wo die Studienabgänger Richtung Informatik, Architektur, Bauingenieurwesen im "Doctoral Programme" zusammenarbeiten und zusammen neue Werkzeuge und Methoden entwickeln. Das wird es schon zunehmend geben, allerdings auf einem postgradualen Niveau. D. h. unser Beruf verändert sich schon und ich glaube schon, dass sich in der Zukunft auch wie man baut grundsätzlich verändern wird. Da gibt es natürlich schon innovative Versuche darauf zu reagieren. Wir wissen ja, auf der ETH Zürich wird auch anders gemauert als wir das seit 200 Jahren kennen. Die Innovation passiert doch relativ schnell und da müssen wir als Universität regieren, aber nicht, indem wir BIM-Manager ausbilden.
- Antwort Mayrhofer/ Sektionsvorsitzender ArchitektInnen, ZiviltechnikerInnenkammer WNB: Ich muss jetzt ganz undiszipliniert sein, indem ich nicht auf eine dieser Fragen antworte, aber eigentlich insgesamt auf alle Fragen, die gekommen sind oder besser gesagt auf die Frage, die nicht gekommen ist, nämlich die Frage nach der Architektur. Wir sitzen hier einen ganzen Tag zusammen, ich würde sagen 90 % Architektinnen und Architekten und reden über ganz wichtige Dinge, nämlich Werkzeuge. Aber wir dürfen nicht vergessen, worum es eigentlich geht, nämlich um den Inhalt, für den diese Werkzeuge hoffentlich dienlich sind. Das ist die Architektur. Und die Architektur ist gestaltete, gebaute Umwelt und höchst analog und wird es immer bleiben, solange wir Menschen analog bleiben. Ich bewundere die Softwareindustrie, die es zusammengebracht hat, dass wir uns als Architektinnen und Architekten scheinbar nur mehr mit dem Thema BIM beschäftigen, während wir heute zum Beispiel die Situation vorfinden, dass sich immer weniger Menschen das Wohnen leisten können, dass wir in einer immer reicher werdenden Gesellschaft nicht mehr das Geld haben und damit die Wohnungen immer kleiner machen, man nennt das Smart-Wohnen, in einer Gesellschaft, in der immer mehr Geld und immer mehr Vermögen angesammelt wird, für öffentliche Zwecke immer weniger Geld vorhanden ist. Ich glaube, das sind schon auch Themen, die man bei aller Wichtigkeit, und ich bin begeistert, was da heute alles gekommen ist, nicht vergessen dürfen, warum wir das alles machen und warum wir diese Werkzeuge brauchen. Wir brauchen sie nur dafür, damit wir die Architektur weiterbringen.
Frage 4: Gibt's einen zeitlichen Anreiz bezüglich der digitalen Einreichung?
- Antwort Damm: Ich glaube, diese Methode oder zumindest 3D- und IFC-Daten produzieren zu können, ist spätestens dann relevant, wenn der Herr Mayer (Anm. in Wien) mit seinem Projekt erfolgreich ist und wir nur mehr digital eingeben können. Dann könnte es zur Pflicht werden, die auch tatsächlich produzieren zu müssen. Wenn dann so viel Arbeitsersparnis beim Amt ist, dass sie für den, der digital eingibt, die Gebühren senken können, weiß ich nicht, wie lange die Bauherren das mitmachen, dass man dann analog eingibt.
Frage 5: Das ganze BIM-Thema lebt ja vom Begriff der Standardisierung. Das ist ja auch heute häufig vorgekommen. Wie ist das jetzt in Österreich? Es gibt ja diese 2D-Norm, das TWG 2E damit haben wir uns Anfang der 90er Jahre beschäftigt oder herumgeschlagen und die 3D-Normierung ist meines Wissens ja irgendwo zwischen Wien und Innsbruck stecken geblieben. Könnten wir da bitte ein Update haben, was da los ist?
- Antwort Sommer: Ich weiß die Nummer nicht auswendig, aber die DIN-Norm gibt es an und für sich, aber es gibt auch zusätzlich noch die Bestimmungen, wie im Denkmalschutz gearbeitet wird. Was Sie meinen, ist glaube ich der Merkmalserver. Da gibt es derzeit angeblich einen Relaunch, aber was ich gehört habe, ist, man will fünfmal € 400.000,- dafür haben, das wären fünf Jahre hindurch je € 400.000,-, das ist ein bisschen viel. Niemand weiß, wer das zahlen soll. Da gebe ich vollkommen Recht, der Merkmalserver steckt derzeit. Aber vielleicht gibt es internationale Entwicklungen.
- Antwort Schoch: Das ist eine Steilvorlage: Wird bald werden! Entschuldigung! Es ist immer so, dass die nächste Version der Software immer besser ist. Warum wollen Sie jetzt Sachen standardisieren, wo wir noch gar nicht wissen, wie wir eigentlich planen können und noch auf einer Baubeschreibungssprache aufsetzen, die technisch aus den 1979er Jahren kommen? Standardisieren Sie es nicht! Punkt. Überlegen Sie es sich, das hört sich jetzt an wie eine Ansage von oben, da muss ich immer aufpassen, aber ich hätte auch gerne ein paar Standards, dass man nicht 700 Seiten BIM-Manual rausgeben muss, 50 oder 15 Seiten, das wäre toll. Die COBIM-Dokumente brauchen auch wieder eine Überarbeitung, Klammer auf: dort ist ein Abwasserrohr noch horizontal und nicht im Gefälle, weil es damals das Tool nicht anders konnte. Das ändert sich ja immer. Aber wenn wir jetzt zu viel standardisieren, dann können gar nicht weiterkommen. Da habe ich ein bisschen Respekt davor. Bei allem, dass wir durch Automatisierung auch einen Wettbewerbsvorteil haben könnten, wenn wir strukturierte Daten haben ... wir haben uns im deutschsprachigen Raum, wo wir eine ähnliche Baukultur haben, nicht von Ingenieur- und Architektenseite damit beschäftigt, wie können wir unsere statischen Systeme repräsentieren! Wir haben den Zug vorbeifahren lassen! Wir haben den gar nicht gesehen! Da bin ich ein bisschen selbstkritisch. Wir müssen das jetzt nicht machen, weil es vor 40 Jahren im Maschinenbau so ging.
Frage 6: Gibt es in der Kammer in AT bzw. in D, CH einen aktiven Austausch zum Thema Verwendung/Implementierung BIM/Produktalternativen/Operabilität?
- Antwort Bauer: Ich hoffe sehr, dass wir da heute hinausgehen und uns gemeinsam bewusst geworden sind, dass wir da wirklich viel Gemeinsames haben und natürlich vor denselben Fragen stehen, aber auch mit demselben Hintergrund an Wissen und an Zugang zu den Themen, zu Baukultur, und ich hoffe sehr, sehr, dass wir uns da in Zukunft verdichten und das vielleicht, wenn wir es hinbekommen, jährlich machen und dieses Symposium vielleicht reisen lassen.
- Antwort Damm: Das kann ich nur bekräftigen. Ich glaube, wenn wir da von der kollaborativen Planungsmethode ausgehen, müssen wir auch länderübergreifend an der Weiterentwicklung arbeiten. Ich glaube der heutige Schritt ... bzw. es gab ja, nachdem das Papier schon auf dem Tisch liegt, auch schon ein paar Schritte davor, zeigt, dass das durchaus funktioniert.
- Antwort Aulinger: Wir haben diese Abstimmung und die Abstimmung ist jene auf einer politischen Ebene und nicht auf der technischen Ebene, in der letzten Zeit sehr intensiviert, vor allem mit den Kollegen und Kolleginnen aus Deutschland, aber natürlich auch mit der Schweiz. Ich möchte hier auch ganz streng auseinanderhalten. Es gibt eine politische Dimension BIM und es gibt diese technische Dimension BIM. Wir haben heute natürlich wieder fast ausschließlich über die technische Dimension BIM gesprochen. Die politische Dimension, also was ich in meinem Eingangsstatement erwähnt habe, dieser Mythos BIM und die Erwartungshaltung an BIM, die von der Politik, von den Verwaltungsebenen, aber durchaus auch von der Öffentlichkeit, die jetzt diese Geschichte von dem Wunderwerk immer mehr erzählt bekommt ... also die politische Dimension der Erwartungshaltung, das ist etwas, was uns natürlich auf der Ebene der Bundeskammer, der Berufsvertretung interessiert: die Frage, was löst das denn dann aus? Es gibt da ganz konkrete Folgen aus diesen Erwartungshaltungen, das ist z. B. die Diskussion rund um die Honorare. Erwartet der Partner, dass durch die Zuhilfenahme dieser wunderbaren neuen Werkzeuge alles effizienter wird und die Honorare sinken werden? Ja, diese Erwartungshaltungen gibt es durchaus auch! Es werden hier Erwartungshaltungen an den Bauprozess gestellt, die wunderbar klingen. Aber ich bin immer wieder erstaunt, wenn mir Leute, die um Beispiel keine Planer sind, dann erklären, wie das Bauen wegen des tollen BIMs in schon ganz kurzer Zeit ausschauen wird! Aha, das ist hochinteressant, aber teilweise völlig absurd! Automatisierte Baustellen bis hin zum Gebäude, das sich komplett in einem 3D-Drucker innerhalb von Minuten materialisiert. Was wir gemeinsam tun müssen, als gemeinsame Aktivität, das ist natürlich nicht nur auf den DACH-Raum begrenzt, aber auch im internationalen Austausch, was die Planerzunft betrifft, ist hier schon auch ein Informationslevel herzustellen, der diese Erwartungshaltungen in einem Rahmen hält, der realistisch ist. Wir treffen auch, was die internationalen Situationen betrifft, immer wieder auf das Beispiel, dass man dann erzählt bekommt, ja ihr in Österreich oder meinetwegen auch in Deutschland seid so hintennach, die in Skandinavien machen ja das und das und das Alles schon, oder in England oder sonst wo. Wenn man sich austauscht, kommt man drauf, dass dem gar nicht so ist. Da sind vielleicht Prozesse etwas anders gelagert, aber das Bauen läuft nicht viel anders ab und die Probleme, die mit dem Bauen einhergehen oder die Lösungen, die für ein gutes Bauwerk notwendig sind, sind da wie dort die gleichen. Ich gehe noch einmal zurück, es geht nicht darum den digitalen Zwilling herzustellen! Es geht darum, ein gutes Bauwerk herzustellen. Das Stichwort war: gemeinsame Aktivitäten. Wir haben jetzt ein Forderungspapier aufgestellt, das haben die deutsche Bundesingenieurkammer, die deutsche Bundesarchitektenkammer und hier die Kammer der ZiviltechnikerInnen in Österreich einmal unterschrieben. Grundsätzlich, und da komme ich wieder auf die politische Dimension: Erstens, wir sind eine Berufsvertretung. Es ist durchaus redlich, die Interessen der eigenen Mitglieder auch im Auge zu haben. Und die eigenen Mitglieder sind, wie wir heute oft gehört haben, kleine und Kleinstunternehmen und selbstverständlich haben wir das Interesse, dass die Struktur dieser unternehmerischen Landschaft weiterbestehen kann. Wenn es Tendenzen in der ganzen Entwicklung rund um BIM gibt, dann ist es durchaus auch legitim, wenn wir als Berufsvertretung versuchen, hier einzuwirken, dass sie nicht zum Nachteil unserer Mitglieder geraten. Dafür müssen wir uns auch nicht rechtfertigen. Wir sehen uns in unserer gesellschaftspolitischen Rolle durchaus auch als wichtiger Spieler, was Baukultur betrifft, was gesellschaftspolitisch relevante Fragestellungen betrifft und dieses hohe Prinzip, das wir leben und das wir auch in unseren Regeln festgeschrieben haben, dass wir die Planung und die Ausführung getrennt haben wollen, dass der Planer, die Planerin unabhängig agieren muss, auch das ist etwas, worum wir als Berufsvertretung kämpfen. Hier geht es nicht nur um sozusagen die Wahrung unserer Partikularinteressen, sondern das ist die Wahrung gesellschaftspolitisch relevanter Interessen. Wenn Prozesse rund um diese BIM-Entwicklungen entgegenwirken, dann werden wir natürlich versuchen, diesen Prozessen entgegenzuwirken, weil wir es als gesellschaftspolitisch relevante Aufgabe sehen. Wie gesagt, wir haben hier gemeinsame Forderungen formuliert, die Basisforderungen, die dahinter stehen. Wir werden die auch entsprechend an die Politik sowohl hier wie auch in den anderen beteiligten Ländern kommunizieren, und wir werden diese Forderungen natürlich auf dieser politischen Ebene kommunizieren. Wie gesagt, die technische Frage BIM ist eine Frage, die im Laufen ist. Niemand hier will sozusagen den technischen Fortschritt aufhalten. Was wir wollen ist, realistische, deshalb zurück zum Thema der Veranstaltung Reality-Check, Erwartungen an dieses Betonung "Werkzeug" haben und wir wollen auch, dass andere vor allem die Entscheidungsträger realistische Erwartungen hier haben. Das wird sicher in den nächsten Jahren einiger Überzeugungsarbeit bedürfen. Wir werden das entsprechend intensiv betreiben.
- Antwort Damm: Ich sehe es genauso. Zum einen die Erwartungshaltung, aber ich glaube, wir müssen auch noch einmal in unserem Berufsstand selbstkritisch sein und auch schauen, dass wir diese Skepsis, die da vielleicht auch ein bisschen dahintersteckt, ablegen und eher auch die Möglichkeiten sehen. BIM ist vielleicht eher eine arge Einschränkung des Ganzen. Wir sollten den Digitalisierungsprozess quasi auch dazu nutzen, uns selbst voranzubringen und da nicht so sehr die Risiken, die damit verbunden sind, die klar da sind, sondern vor allem auch die Chancen, die sich da ergeben, Sachen loszuwerden. Ich fand das vorher ganz gut, Sachen, die man die ganze Zeit mitmachen muss, weil sie einfach dazugehören, aber weswegen man den Beruf eigentlich gar nicht macht, loszuwerden und zu nutzen, welche Möglichkeiten die Digitalisierung eigentlich bringt. Ich glaube, das ist schon auch mit unsere Aufgabe als Berufsvertretung, dafür zu sorgen, dass wir nicht gleichzeitig versuchen Gas zu geben und zu bremsen.
- Antwort Bauer: Die politische Komponente ist wichtig. Aber wir als Planer können eben aus meiner Sicht hier schon noch etwas Anderes beitragen. Wir können analysieren, was uns genau an diesen Dingen stört und das versuchen, zu kommunizieren, auch das ist politisch. Die Software-Industrie hat eine ganz andere Lobby-Armee hinter sich als wir bisher, sage ich jetzt einmal hoffnungsfroh, gehabt haben. Unsere Analysen im Vorfeld haben eben ergeben, dass das Fehlen dieser offenen Schnittstelle, von der wir heute gehört haben, ok, die braucht man eh nicht. Wir liefern die Daten in ein Modell und dort versammeln sich die Daten dann. Was sie dort genau machen, habe ich dann nicht mehr verstanden. Das sage ich jetzt überspitzt, mir ist klar, wie das gemeint war. Das ist in Ordnung. Aber wenn wir in eine Technologie vielleicht hineingezwungen werden, noch ist es ja nicht so weit, wir reden ja genau darüber, dann wollen wir schon auch darauf aufmerksam machen, dass es ohne Schnittstelle, die Informationen 100 %ig transportieren kann, wo wir uns darauf verlassen können ... wir haben heute gehört, IFC ist super, aber versucht nicht, aus demselben Programm Daten herauszuspielen und gleich wieder hineinzuholen, das kann nicht funktionieren ... ok. Welche Daten gebe ich dann meinem Planungspartner weiter, sodass mir klar ist, er bekommt wirklich das, was er braucht und die Maschine macht dazwischen nicht irgendwelche Fehler, die ich nicht beherrsche. So einfach sind dann die Fragen in unserer täglichen Praxis und deswegen stottert die ganze Maschine. Ich kenne keine Architekten und Ingenieure, die nicht begeistert wären, dass sie ein Ding nur einmal zeichnen müssen. Ich kenne niemanden, der gerne alleine die Stütze noch einmal zeichnet, weil er so gerne Stützen zeichnet. Es wird auch solche Leute geben, aber die sind eher selten. Wir würden uns ja freuen, wenn diese Dinge funktionieren. Das darf eben nicht dazu führen, dass wir unsere Planungspartner danach aussuchen, welche Software sie haben, sondern wir müssen sie nach den Fähigkeiten aussuchen können, dann werden wir unsere starken Strukturen, die wir haben, erhalten können. Ansonsten werden wir uns eben in zwei, drei, vier verschiedenen Welten bewegen, die nicht mehr groß kommunizieren und nicht, weil wir das nicht wollen. Wir können dann an der Universität verstärkt kommunizieren lernen, aber, ich bin ja kein Marktspezialist, das ist einsichtig, dass das nicht die Sehnsucht der drei oder vier starken Player am Markt ist, dass sich diese Programme sehr gut untereinander verstehen.
Anmeldung und Organisatorisches
Die Teilnahme am 1. Symposium Digitalisierung "Reality-Check BIM" ist für Mitglieder der Kammer der ZiviltechnikerInnen kostenfrei. Allen weiteren Interessierten ist die Veranstaltung gegen eine Gebühr von 660 Euro brutto zugänglich. Bitte melden Sie sich per E-Mail an kammer@arching.at, Betreff "BIM 20.3.2018", für die Veranstaltung an. Um als Ziviltechniker(in) kostenfrei teilnehmen zu können, geben Sie bitte bei der Anmeldung Ihren Namen, die Befugnis, Ihre Adresse, die Zugehörigkeit zur Länderkammer und Ihre Mitgliedsnummer an. Die Plätze werden in der Reihenfolge der eingehenden Anmeldungen vergeben. Das Ende der Anmeldefrist ist Freitag, 16.3.2018, 11.00 Uhr.
Hotelkooperation mit ZT-Special-Rate
Ein Tipp für Ihre Übernachtung ist das Spitz Hotel, 5 Gehminuten vom Ars Electronica Center entfernt. Wir haben ein Zimmerkontingent zu reduzierter Rate inkl. Frühstück reserviert: Einzelzimmer mit Frühstück € 115,00 / Doppelzimmer mit Frühstück € 145,00
Beim Buchen (E-Mail an office@spitzhotel.at) bitte im Betreff unbedingt „ZT_Kammer_Kongressteilnehmer“ anführen, damit Sie in den Genuss der vergünstigten Rate kommen.
Hinweis zur Anmeldung (Dokumentation der Veranstaltung)
Im Rahmen dieser Veranstaltung können Fotografien und/oder Filme durch die Kammer oder in deren Auftrag erstellt werden. Mit der Anmeldung zur Veranstaltung nehmen Sie zur Kenntnis, dass Fotografien und Videomaterialien, auf denen Sie abgebildet sind, zur Presse-Berichterstattung verwendet und in verschiedensten (Sozialen) Medien, Publikationen und auf Webseiten der Kammer veröffentlicht werden oder anderen Institutionen (z.B. Ministerien, Interessensvertretungen, Vereinen) zu denselben Zwecken zur Verfügung gestellt werden.