Schwellenwerte und Vergabeverfahren
Um zu wissen, welche Verfahrensart (offen, nicht offen, Direktvergabe etc.) zulässig und welche Bekanntmachung (EU-weit oder regional) verpflichtend ist, ist die Höhe des geschätzten Auftragswertes ausschlaggebend. Dabei ist auf den sachkundig geschätzten Nettoauftragswert im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung abzustellen (in der Regel die Absendung der Bekanntmachung). Bei Planungsleistungen ist das Honorar maßgeblich, bei Bauleistungen die Baukosten gemäß ÖNORM B 1801. Nebenkosten von ZiviltechnikerInnen, wie etwa Fahrtspesen oder Kopiekosten, sind bei der Schwellenwertberechnung bereits einzubeziehen.
Das Splitten von Aufträgen, um damit die maßgeblichen Wertgrenzen zu umgehen, ist unzulässig. So sind etwa die Teilleistungen der HOA grundsätzlich stets zusammenzuzählen. Eine getrennte Vergabe zB der Architekturplanungsleistung und der örtlichen Bauaufsicht kann jedoch grundsätzlich sachlich gerechtfertigt sein.
Die lediglich in Österreich anwendbaren Schwellenwerteverordnung, die im Vergleich zu den gesetzlichen Schwellenwerten gemäß BVergG höhere Schwellenwerte für die Zulässigkeit bestimmter Verfahrensarten festlegt, wurde ein weiteres Mal verlängert.
Somit dürfen Bund, Länder und Gemeinden befristet bis 31.12.2023 weiterhin Aufträge im Bau-, Liefer- und Dienstleistungsbereich mit einem geschätzten Auftragswert bis zu 100.000 EUR im Wege der Direktvergabe ohne Ausschreibung an Unternehmen vergeben. Der Schwellenwert für "nicht offene Verfahren ohne Bekanntmachung" bei Bauaufträgen liegt weiterhin bei 1 Mio. EUR anstatt bei 300.000 EUR.
Die Publikation der überarbeiteten SchwellenwerteVO 2023 erfolgte fälschlicherweise, bevor die erforderlichen Zustimmungen der Bundesländer eingeholt wurden. Das macht die veröffentlichte Verordnung formal verfassungswidrig. Nichtsdestotrotz gilt die Verordnung solange weiter, bis sie aufgehoben wird und es ist davon auszugehen, dass eine Korrektur noch vor dem 1. Juli 2023 durchgeführt wird.
Unterscheidung Unter- und Oberschwellenbereich
An die Höhe des Auftragswertes sind maßgebliche Folgen geknüpft. So hat im Oberschwellenbereich zwingenderweise eine EU-weite Bekanntmachung zu erfolgen. Je nach Wertgrenze stehen auch nur gewisse Verfahrensarten zur Verfügung und sind die Fristen im Vergabe- bzw Nachprüfungsverfahren unterschiedlich.
Seit 1.3.2019 sind Bekanntmachungen im Oberschwellen-und Unterschwellenbereich zu veröffentlichen, indem der öffentliche Auftraggeber die Metadaten der Kerndaten des Vergabeverfahrens auf www.data.gv.at bereitstellt und darin auf die Kerndaten für Bekanntmachungen (siehe dazu die Informationen gemäß Anhang VIII BVergG 2018) verweist. Weitere Bekanntmachungen in sonstigen geeigneten Publikationsmedien stehen dem öffentlichen Auftraggeber frei.
Schwellenwerte bei Wettbewerben
Zur Bestimmung ob ein Auftrag im OSB oder im USB vergeben wird, muss wie oben erläutert der geschätzte Auftragswert berechnet werden. Je nachdem ob es sich um einen Ideenwettbewerb oder einen Realisierungswettbewerb handelt, ist die Berechnung unterschiedlich. Bei Erstgenanntem ist bei der geschätzten Wertermittlung nur auf die Summe der Preisgelder und allfälligen sonstigen Zahlungen wie beispielsweise Aufwandsentschädigungen an die Teilnehmer abzustellen. Beim Realisierungswettbewerb sind neben der Summe der Preisgelder und sonstigen Zahlungen an die Teilnehmer auch die im Anschluss zur Vergabe kommenden Dienstleistungen zu berücksichtigen.