Normenausschuss: Wir schreiben den Stand der Technik mit
ÖNORMEN sind eine "qualifizierte Empfehlung" und spiegeln im Idealfall den aktuellen Stand der Technik wider. Dass dieser nationale Standard aber nicht der einzige, allgemein gültige Stand der Technik sein muss, zeigt ein Blick über die Landesgrenzen. Bei gleichen Anforderungen und vergleichbaren Sicherheitsniveaus weicht beispielsweise die deutsche oder auch die europäische Norm oft deutlich von den österreichischen Richtlinien ab. Wie im Fall der ÖNORM B 1600, wo die nationalen Normungsgremien bei der Definition, was der Stand der Technik sei, über das Ziel hinausgeschossen haben. So sind unter Punkt 5.1.5 - Anforderungen an Türkonstruktionen - Bedienkräfte von maximal 25 N auch für Brand- und Rauchschutztüren definiert. In der Praxis erfüllt derzeit kein auf dem Markt befindliches mechanisches Türschließsystem diese Anforderung. Der Einbau von alternativen Freilauftürschließern würde zu einer deutlichen Kostensteigerung im Wohn- und Bürobau führen.
Aus diesem Grund hat die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland in Anlehnung an die deutsche und europäische Norm eine Alternative erarbeitet. Ein entsprechender Überarbeitungsantrag wurde im Februar beim Austrian Standards Institute eingebracht. Dieser Antrag wurde von der Stadt Wien unterstützt und gleichzeitig im OIB Sachverständigenbeirat zur Richtlinie 4 diskutiert. Auch dort hat man sich unserer Argumentation angeschlossen und in den FAQs eine entsprechende Stellungnahme publiziert.
Die komplette Überarbeitung aller Normen kann nicht Aufgabe unserer Kammer sein, der Erfolg zeigt allerdings, wie man punktuell bei relevanten Themen den Stand der Technik mitbestimmen kann, und ist daher richtungsweisend für unsere zukünftige Arbeit.