Beschäftigungsverhältnisse

Beschäftigungsverhältnisse in Ziviltechnikerbüros

Eine Bestandsaufnahme der Beschäftigungsverhältnisse in Ziviltechnikerbüros zeigt eine Vielzahl unterschiedlicher Konstellationen, vom Dienstvertrag bis zum „neuen Selbständigen“, vom freien Dienstvertrag bis zum auf Werkvertragsbasis Beschäftigten.

Bei der Ausgestaltung der Verträge spielen zivilrechtliche, arbeitsrechtliche, steuerrechtliche Aspekte, aber auch berufs- bzw. gewerberechtliche Punkte eine Rolle. Wurden beim Vertragsabschluss Fehler gemacht oder einzelne Punkte missachtet, kann das sowohl für den Ziviltechniker als auch für den Beschäftigten negative Folgen haben. So können den Ziviltechnikern z. B. im Fall „verdeckter Dienstverhältnisse“ arbeitsrechtlich begründete Nachzahlungen drohen, oder die Beschäftigung eines „Unbefugten“ zieht ein Disziplinarverfahren nach sich. Umgekehrt kann die Zeit der Beschäftigung als „neuer Selbständiger“ nicht als Praxiszeit für die Ziviltechnikerprüfung angerechnet werden, oder dem „Unbefugten“ drohen Verwaltungsstrafen.

Nachstehende Erläuterungen sollen helfen, derart unangenehme Begleiterscheinungen zu vermeiden.

Werkvertrag oder Dienstvertrag im Ziviltechnikerbetrieb

Die Unterscheidung von Dienstverträgen und Werkverträgen ist nicht immer einfach, vor allem weil Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht verschiedene Kriterien für die Unterscheidung dieser Vertragstypen nennen. Für den Dienst- oder Auftraggeber ergeben sich durch die Einordnung eines Vertrages als Dienst- oder Werkvertrag abgabenrechtlich erhebliche Konsequenzen.

Oft werden diese Konsequenzen erst im Rahmen von Abgabenprüfungen aufgedeckt: Die Prüfer durchleuchten zuerst die Buchhaltung. Die unter „Fremdhonorare“ oder „Fremdleistungen“ verbuchten Honorare und die dazugehörigen Werkverträge werden genauestens kontrolliert. Zusätzlich wird geprüft, ob die Praxis auch so gelebt wird.

Merkmale eines Werkvertrages

  • Zielschuldverhältnis
  • Unternehmerwagnis
  • Persönliche Unabhängigkeit vom Auftraggeber
  • Verwendung eigener Betriebsmittel

Der Werkvertrag wird definiert als „Herstellung eines Werkes gegen Entgelt“. Daraus leitet sich ab, dass nicht ein definierter Zeitaufwand oder „bloßes Bemühen“ geschuldet werden, sondern die Lieferung oder Erfüllung eines Werkes. Erst durch die Fertigstellung des Werkes entsteht der Entgeltsanspruch. Es gibt keine Entgeltgarantie, da Entgelt nur zusteht, wenn das Werk erfolgreich erstellt wird. Es besteht die Möglichkeit, Gehilfen einzusetzen oder das Werk von fremden Dritten erstellen zu lassen.

Echte Werkvertragsnehmer unterliegen der Einkommensteuerpflicht und soweit sie über eine aufrechte Ziviltechnikerbefugnis verfügen, fallen 24,5 % Beiträge an die Wohlfahrtseinrichtung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten sowie allenfalls Krankenversicherungsbeiträge an die ASVG oder GSVG (7,65 %) bzw. an die Uniqa an. Für sie fallen keine Lohnnebenkosten (4,5 % Dienstgeberbeitrag, 3 % Kommunalsteuer) an.

Merkmale eines echten Dienstverhältnisses

  • Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses
  • Persönliche und fachliche Weisungsbindung
  • Persönliche Leistungserbringung
  • Wirtschaftliche Abhängigkeit (keine weiteren Auftraggeber)
  • Anspruchslohnprinzip

Überwiegen diese Merkmale, kann der Werkvertrag in ein echtes Dienstverhältnis umqualifiziert werden. In diesem Fall schützt auch das Vorliegen eines einschlägigen Gewerbescheins bzw. einer Ziviltechnikerbefugnis nicht vor der Einstufung als echter Dienstnehmer. Mit der Neueinstufung sind für den nunmehrigen Arbeitgeber vor allem auch Kosten im sozialversicherungs-, arbeits- und abgabenrechtlichen Bereich verbunden.

Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

Im sozialversicherungsrechtlichen Bereich hat der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten, wobei hier das Anspruchslohnprinzip gilt. Die Beiträge (ca. 40 Prozent) werden im Zweifel nicht von den tatsächlich bezahlten Honoraren, sondern von dem dem nunmehrigen Dienstnehmer arbeitsrechtlich zustehenden Entgelt, also etwa unter Zugrundelegung des kollektivvertraglichen Mindestlohns, für Sonderzahlungen oder auch für Entgeltfortzahlungsfälle (Urlaub, Krankheit, Feiertage) berechnet. Dazu können von der Gebietskrankenkasse noch Beitragszuschläge vorgeschrieben werden. Achtung: Die Verjährungsfrist für Sozialversicherungsbeiträge beträgt grundsätzlich fünf Jahre.

Arbeitsrechtliche Auswirkungen

Für den bisherigen Werkvertragsnehmer ist durch die Umqualifizierung des Vertragsverhältnisses nunmehr auch das Arbeitsrecht anwendbar. Er kann beim Arbeits- und Sozialgericht seine arbeitsrechtlichen Ansprüche einklagen. Damit drohen dem Arbeitgeber die Nachzahlung von Sonderzahlungen, Urlaubs- und Feiertagsentgelt und weitere Ansprüche, die auf dem Kollektivvertrag beruhen, wie etwa das kollektivvertragliche Mindestentgelt. Weiters hat der Arbeitnehmer, wenn das Vertragsverhältnis vor dem 1. Jänner 2003 eingegangen wurde, Anspruch auf eine Abfertigung. Begann das Vertragsverhältnis nach dem 31. Dezember 2002, sind Beiträge an die Mitarbeitervorsorgekasse nachzuentrichten. Die arbeitsrechtlichen Ansprüche verjähren grundsätzlich nach drei Jahren, mitunter kommen kürzere kollektivvertragliche Verfallfristen zur Anwendung.

Steuerrechtliche Auswirkungen

Wird vom Finanzamt Lohnsteuer nachverrechnet, etwa weil der vermeintliche Werkvertragsnehmer für seine Honorare zu wenig oder keine Einkommensteuer entrichtet hat, so haftet der Dienstgeber für deren Abfuhr, er kann diese aber vom Dienstnehmer zurückfordern. Bei einer rückwirkenden Umqualifizierung werden auch 7,5 % Lohnnebenkosten (4,5 % Dienstgeberbeitrag, 3 % Kommunalsteuer) nachverrechnet.

Hat der bisherige Werkvertragsnehmer Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, hat die Umqualifizierung auch Auswirkungen im Umsatzsteuerrecht. In diesem Fall sollte der Dienstnehmer seine früheren Honorarnoten berichtigen und neue Honorarnoten ohne Umsatzsteuer ausstellen.

Ein freier Dienstvertrag ist nicht möglich für freiberuflich tätige Personen mit aufrechter Ziviltechnikerbefugnis.

Tipp: Der Unternehmer sollte, bevor er ein Werkvertragsverhältnis eingeht, genau prüfen, ob tatsächlich eine selbständige Tätigkeit des Werkvertragsnehmers vorliegt (unternehmerische Struktur = Büro, Homepage, Visitenkarten etc., Unternehmerrisiko, Schulden eines „Werkes“, weitere Auftraggeber, Hilfskräfte etc.) oder nicht vielleicht doch ein echtes Dienstverhältnis gegeben ist, wobei nicht die vertragliche Gestaltung, sondern die tatsächliche Ausübung den Ausschlag für die Einstufung als echter Dienstnehmer oder Werkvertragsnehmer gibt. Es empfiehlt sich auch, entsprechende Pflichten des Werkvertragsnehmers (Meldung bei Finanzamt und GSV, andere Auftraggeber, eigene Betriebsmittel, eigenes Büro etc.) in den Werkvertrag aufzunehmen.

Der „neue Selbständige“ im Ziviltechnikerbetrieb

Die obigen Ausführungen gelten auch für die neuen Selbständigen:

Neue Selbständige sind Personen, die aufgrund einer betrieblichen Tätigkeit steuerrechtlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen. Dies bedingt grundsätzlich den Abschluss eines echten (!) Werkvertrages.

Die rechtliche Stellung des neuen Selbständigen ist ausschließlich im Sozialversicherungsrecht geregelt. Durch § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sollen alle jene Personen in die Pflichtversicherung einbezogen werden, die aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit nicht schon nach anderen Bestimmungen vom Anwendungsbereich eines Sozialversicherungsgesetzes erfasst sind.

Zielpersonen sind in erster Linie selbständig Erwerbstätige, die nicht nach den Bestimmungen für Gewerbetreibende versichert sein können: Journalisten, Schriftsteller, selbständige Krankenpfleger, Hebammen usw.

In der Praxis kommt es aber auch vor, dass Personen ohne Gewerbeberechtigung („Unbefugte“) selbständig Planungsleistungen erbringen und als neue Selbständige versichert sind. Beauftragt nun der Ziviltechniker solche Personen auf Basis eines echten Werkvertrages, dann „beschäftigt“ er eigentlich unbefugt Tätige. Wird der Werkvertrag jedoch zum Dienstvertrag umqualifiziert, weil der neue Selbständige in Wahrheit die Merkmale des Dienstnehmers erfüllt, können den Ziviltechniker wiederum die oben skizzierten Auswirkungen treffen.

Der freie Dienstnehmer im Ziviltechnikerbetrieb

Folgende Merkmale kennzeichnen einen freien Dienstvertrag:

  • Dauerschuldverhältnis
  • Fehlen der persönlichen Abhängigkeit oder diese ist im eingeschränkten Ausmaß gegeben
  • Keine Weisungsgebundenheit
  • Frei von Beschränkungen des persönlichen Verhaltens
  • Ablauf der Arbeit kann selbständig geregelt werden und ist jederzeit änderbar
  • Die wesentlichen Betriebsmittel werden von der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber bereitgestellt
  • Bezahlung des Entgelts nach Arbeitsdauer, nicht nach Werk
  • Erbringung der Dienstleistung im Wesentlichen persönlich

Grundsätzlich kann jede Leistung, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden kann, auch Inhalt eines freien Dienstvertrages sein. Es kann also lediglich im Einzelfall nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt beurteilt werden, ob ein Dienstvertrag oder ein freier Dienstvertrag vorliegt.

Abschließend und zusammenfassend kann festgehalten werden, dass aus Sicht des Ziviltechnikers ein echter Werkvertrag gefahrlos eigentlich nur mit einem befugten Kollegen oder einem einschlägigen Gewerbetreibenden abgeschlossen werden kann und die „Beschäftigung“ neuer Selbständiger tunlichst zu vermeiden ist.

Mag. Christian Klausner
Mag. Christoph Tanzer

(Publiziert in „derPlan“ 20. April 2011)

        ... zusammenfassend kann festgehalten werden, dass aus Sicht des Ziviltechnikers ein echter Werkvertrag gefahrlos eigentlich nur mit einem befugten Kollegen oder einem einschlägigen Gewerbetreibenden abgeschlossen werden kann und die „Beschäftigung“ neuer Selbständiger tunlichst zu vermeiden ist.