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WH Arena: Mitteilung der Sektion Ingenieurkonsulenten vom 06.02.2020

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Hinweis und Erläuterndes zum Wettbewerbsverfahren "WH Arena"

Unten angefügt finden Sie die Stellungnahme des Vorstands der Ingenieurkonsulenten zum Wettbewerbsverfahren Realisierungswettbewerb "WH Arena".
Falls Sie daran denken, an diesem Wettbewerb teilzunehmen, haben Sie vielleicht Interesse den Standpunkt der Sektion IK der Länderkammer Wien, Niederösterreich und Burgenland kennenzulernen.

Mit besten Grüßen

Dipl.-Ing. Michaela Ragossnig-Angst, MSc. (OU), Sektionsvorsitzende
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Peter Bauer, stv. Sektionsvorsitzender 

 
 
 
 

 

Baukultur ist unteilbar!

"Gesucht werden die besten Entwürfe für eine technisch und ökologisch auf dem neuesten Stand ausgeführte Multifunktionsarena"1, kündigte Wiens Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke beim offiziellen Start des EU-weiten, offenen Architekturwettbewerbs am Donnerstag, 30.01.2020 an.
Wien Holding Geschäftsführer Kurt Gollowitzer ergänzte: "Wir wollen eine Arena, die jeden Besuch zum Erlebnis macht und gleichzeitig für die VeranstalterInnen optimale Produktionsbedingungen bietet. Denn der Erfolg einer Arena hängt maßgeblich von ihrer Erlebnisqualität, der Funktionalität und Flexibilität des Gebäudes und seiner (technischen) Ausstattung sowie von der Wirtschaftlichkeit im Betrieb ab. Darüber hinaus wird die neue Arena den höchsten Sicherheitsstandards, den Kriterien der Barrierefreiheit und den neuen digitalen Technologien entsprechen. Und wir wollen bei der neuen Arena auch ein Zeichen in Sachen Nachhaltigkeit setzen, vor allem bei Energieeffizienz und klimarelevanten Aspekten. Das alles wollen wir in einer attraktiven baukünstlerischen Qualität und Architektur realisieren."
Und weiter heißt es im Text: "Die vergangenen Monate haben gezeigt, wie komplex ein Projekt dieser Dimension ist. In einer technischen Machbarkeitsstudie als Vorprojekt hat die WH Arena Projektentwicklung GmbH die Vorgaben für den Architekturwettbewerb bis ins Detail erarbeitet."

Das genaue Studium der Auslobungsunterlagen zeigt folgendes Bild:
Einerseits soll es dem teilnehmenden Architekturbüro durch die Machbarkeitsstudie ermöglicht werden, den Wettbewerb ohne nennenswerte Unterstützung durch Ingenieure abzuwickeln. Andererseits werden - zu Recht - erhebliche Aussagen zur technischen Substanz des Gebäudes - wie Tragwerk, Haustechnik, CO2-Bilanz und Energieeffizienz in seiner Errichtung und seinem Betrieb, im Rahmen des Wettbewerbs verlangt.

Die Sektion der Ingenieurkonsulenten der Länderkammer WNB teilt die Auffassung, dass die Summe dieser Anforderungen an ein solches Gebäude "state-of-the-art" ist.

  • Gebäude, wie die geplante WH-Arena, sind - neben der enormen Wirkung auf das Stadtbild und den Stadtraum - eben auch hochkomplexe Maschinen und mit herkömmlichen Gebäuden nicht vergleichbar.
  • Sie erfordern Konzepte, die sowohl die Baukunst als auch die Bautechnik auf der Höhe der Zeit in ein gemeinsames Ganzes integrieren.
  • Diese werden nur in einer integralen Planungsleistung, die selbstverständlich in einem gemeinsamen Team von Architekten und Ingenieuren zu erbringen ist, erdacht.
  • Baukultur ist unteilbar. Das dafür erforderliche Wissen hat niemand mehr alleine.

Umso bedauerlicher ist es, dass man mit dem gewählten Verfahren die Ingenieurleistungen nicht in derselben Art und Weise vergeben möchte, wie die Architekturleistungen. Man hat hier lediglich eine "Option" auf die Vergabe der Ingenieurleistungen festgehalten - ohne nähere Definition unter welchen Umständen diese realisiert würde.
Damit aber steigt das Risiko für alle Seiten enorm:

  • Für die beteiligten Ingenieurinnen und Ingenieure, weil sie praktisch keinerlei Verhandlungsposition im Falle eines Wettbewerbsgewinns haben und gegen einen etwas billigeren Mitbewerber, der die Mühen des Wettbewerbs gescheut hat, unterliegen werden. Ihre Konzepte und Ideen werden dann von anderen Planern umgesetzt.
  • Für die Architektinnen und Architekten, die dann die von ihnen im Wettbewerb garantierten Qualitäten und Baukosten mit "von der Auftraggeberin zur Verfügung gestellter Ingenieurleistung" gewährleisten sollen.
  • Für die Auftraggeberin, die sich durch so eine Vorgangsweise genau der Sicherheit beraubt, die sie eigentlich erreichen will.
  • Mit weniger integraler Planungsleistung wird ein Projekt nicht sicherer - im Gegenteil!

Als Beispiel - zur Illustration eines kleinen Teilaspekts - sei ausgeführt:
Die Außenabmessungen der Halle betragen 160 m x 130 m. Die stützenfreien Dachspannweiten liegen damit im Bereich der freien Stützweiten der Reichsbrücke. Noch niemand ist bisher - zu Recht - auf die Idee gekommen, für eine Donaubrücke einen Architekturwettbewerb auszuloben, dem schon ein Tragwerksvorschlag beiliegt. Und bei Abweichungen von diesem Vorschlag Aussagen zum Tragwerk zu verlangen, sich aber auch das Recht vorzubehalten, den im Wettbewerb teilnehmenden Tragwerksingenieur bei der Realisierung - ohne Angabe von Gründen - auszutauschen und trotzdem den Architekten mit der Kostengarantie aus dem Wettbewerb zu belasten.

  • Die Motivation internationaler und nationaler Spitzenteams an so einem Wettbewerb teilzunehmen, wird verschwindend sein.

Darüber hinaus hat auch das Beurteilungssystem des Wettbewerbes seine Schwächen. Dieses sieht vor, die Erfüllung einzelner Anforderungen an das Gebäude - wie Städtebau, Baukünstlerische Ausgestaltung, Funktionalität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit mit einem Punktekatalog getrennt zu bewerten. Durch Zusammenzählen der Punkte soll dann das "beste Projekt" ermittelt werden.
Punktesysteme haben jedoch die Eigenschaft, dass auch paradoxe Ergebnisse erzielt werden können. Deshalb haben sie sich in der Praxis nur als Vorauswahlkriterium bewährt. Wie zufrieden soll ein Juror sein, wenn sich herausstellt, dass ein Projekt mit hervorragender Baukunst und Energieeffizienz leider städtebaulich nicht entspricht? Oder ein Projekt von hervorragender Orientierung im Stadtraum nur unwirtschaftlich zu betreiben sein wird?

  • Deshalb ist es bei Wettbewerben immer besser - zumindest in der endgültigen Entscheidung - auf Punkte zu verzichten. Alle Kriterien müssen dann eben - von hochkarätigen Fachleuten - gegeneinander abgewogen werden. Manche Mängel werden auch einfach reparierbar sein - was die Jury dem Wettbewerbsgewinner durchaus mitgeben kann und was auch gängige Praxis ist.
  • Es ist nicht leicht, das beste Projekt zu ermitteln - aber es ist möglich! Ein rigides Punktesystem ist hierfür im Regelfall aber ungeeignet.

Insgesamt wird eine Chance vertan, bei einem - auch im internationalen Maßstab - außergewöhnlichen Gebäude mit einer immens hohen Komplexität der Anforderungen auf allen Gebieten auch auf all diesen Gebieten höchste Qualität abzurufen.
Die Vielfalt der Lösungen, die man erhält, wenn viele Köpfe das Thema von verschiedenen Seiten betrachten, ermöglicht erst Innovation und Neues und gewährleistet Wirtschaftlichkeit. Sie bringt oft Lösungen hervor, die man vorab nicht gesehen hat. Und genau das ist die hervorragende Eigenschaft eines offenen Wettbewerbs.

Was wäre also die Alternative? Ein offener Generalplanerwettbewerb.

 1 Alle Zitate: OTS Wien Holding-Arena: Start für Architekturwettbewerb; 30.01.2020