Wichtige VwGH Entscheidungen: "Vertretungsbefugnis" und "Dachhaut"

Zwei für Ziviltechniker(innen) wesentliche Entscheidungen des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) wurden kürzlich veröffentlicht. Good News vs. Bad News.

Haben Ziviltechtechniker(innen) in der Vergangenheit Auftraggeber(innen) in zweitinstanzlichen Bauverfahren vor der Bauoberbehörde ("BOB") in Wien problemlos vertreten können, war dies in etlichen Fällen vor dem LVwG Wien nicht der Fall. Begründend wurde stets ausgeführt, dass ein Einschreiten eines Ziviltechnikers/ einer Ziviltechnikerin als berufsmäßige(r) Vertreter(in) im gerichtlichen, somit auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht vom Berechtigungsumfang von Architekt(inn)en gemäß § 4 ZTG umfasst sei. Nunmehr hat der VwGH in gleich zwei Entscheidungen (Ra 2017/05/0090, Ro 2017/05/0011, jeweils 23.1.2018) klargestellt, dass Ziviltechniker(innen) sehr wohl befugt sind, vor dem Landesverwaltungsgericht zu vertreten: "Die berufsmäßige Vertretung durch Ziviltechniker vor Behörden ... bezieht sie sich auf das gesamte, von der Befugnis des Ziviltechnikers umfasste Fachgebiet. Abgesehen von bundesgesetzlich geforderten besonderen Berechtigungen kommt daher dem Fachgebiet des Ziviltechnikers hervorragende Bedeutung zu. Wenn ein Bauprojekt Gegenstand der Entscheidung eines hoheitlich handelnden Organs ist, dann ist davon auszugehen, dass der dieses konkrete Projekt planende Ziviltechniker in den diesbezüglichen Verfahren auch zur berufsmäßigen Vertretung vor dem jeweiligen Entscheidungsträger befugt ist." Soweit die Good News.

Weniger erfreulich ist die am gleichen Tag (23.1.2018) gefällte Entscheidung Ra 2017/05/0210: In dieser Entscheidung hat sich der VwGH mit dem Begriff "Dachhaut" auseinandergesetzt und kommt im Ergebnis zu einer sehr restriktiven Interpretation des Art. V Abs. 5 und Abs. 6 BO Wien: "Im vorliegenden Fall soll das bestehende Dach zur Gänze entfernt und ein neues Dach errichtet werden. Es liegt also keinesfalls eine bloße Veränderung der Dachhaut vor. Damit scheidet die Heranziehung des Art. V Abs. 5 zweiter Satz BO und folglich auch jene des Art. V Abs. 6 letzter Halbsatz BO aus, sodass auf Grund dieser Bestimmungen weder eine Erhöhung des obersten Gebäudeabschlusses noch der bestehenden Gebäudehöhe vorgenommen werden darf." Als Konsequenz mussten die - großzügiger interpretierenden - Erläuterungen der MA 37 v. 23.7.2014 (Weisungsdatenbank) zum Thema "Aufklappung eines Daches", "Aufklappung eines Flachdaches" für ungültig erklärt werden. Sollte ein Projekt auf Basis dieser Erläuterungen gerade in Planung sein ist eine Umplanung unvermeidlich! Das sind die Bad News.