AS Wohnbau und Leistbarkeit | 2. Round Table

Eine wachsende Bevölkerung braucht mehr Platz. Aber Neubau darf in Zukunft nicht die bevorzugte Antwort darauf sein. Es gilt, den Leerstand als Ressource zu erfassen und den Bestand in den kommenden Jahren besser an die neuen Herausforderungen anzupassen. Die Energiekrise hat gezeigt, dass der Bestand für eine klimafitte Zukunft noch nicht gerüstet ist. Anforderungen aus Normen und Gesetzen sowie Richtlinien betreffend notwendige Klimaziele müssen umgesetzt und finanziert werden. Leistbarkeit ist nicht nur eine Frage der Kosten, sondern auch der ökologischen Nachhaltigkeit. Ressourcenmanagement, Kreislaufwirtschaft und Re-Use-Initiativen geben hier bereits Antworten. Ein rasches und radikales Neudenken ist notwendig. Leerstand muss als Ressource erfasst und genutzt werden. Eine Verschiebung des Bauvolumens vom Neubau hin zur Sanierung ist unumgänglich.

Daher braucht es ein ganzes Bündel an Maßnahmen:

Umgang mit Ressourcen: Das Leerstandsthema muss endlich angegriffen werden. Es gibt nationale und internationale Beispiele, wie Leerstand wieder einer Wohnnutzung zugeführt werden kann.

  • Erfassung des Leerstandes
  • Maßvolle Nachverdichtung und Attraktivierung der Wohnquartiere
  • Aktivierung von leerstehenden Wohnungen (z. B. Vorsorge- und Airbnb-Wohnungen) mittels gesetzlich geschaffener Rahmenbedingungen
  • Zweckgewidmete Abgabe für Zweitwohnsitze
  • Wohnungstausch erleichtern, wenn sich Lebensumstände und Platzbedürfnisse ändern
  • Keine Neubau-Widmung ohne Bedarfserhebung

Klimafitte Bestandssanierung

  • CO2-Bepreisung einführen, damit Abbruch/Neubau nur noch dort geschieht, wo es auch ökologisch sinnvoll ist. Abbruch darf sich nicht mehr lohnen!
  • Anreize für die klimafitte Ertüchtigung von Wohngebäuden, im Besonderen von Mietobjekten, schaffen
  • Chancen erneuerbarer Energien nutzen1

Gesetzliche Grundlagen verbessern

  • Voraussetzungen für Nutzungsflexibilität als integralen Teil jeder Planung schaffen (z. B. die Bauklasse durch die Anzahl der Stockwerke statt durch die maximale Gebäudehöhe definieren)
  • Regelwerk vereinfachen
  • Den Sanierungswillen der Bauherr:innen nicht durch einen überbordenden gesetzlichen Forderungskatalog mindern. Weg vom Alles-oder-nichts-Prinzip – jede Verbesserung ist besser als keine Verbesserung! Wir stellen unsere Fachexpertise zur Sicherstellung des Sicherheitsniveaus bei Abweichungen von den OIB-Richtlinien gerne zur Verfügung.
  • Re-Use erleichtern, klimaverträgliches Bauen muss bezahlbar sein! Wiederverwenden von Baumaterialien ermöglichen, Anpassung der geltenden Rahmenbedingungen für die Wiederverwendung von Bauteilen oder Materialien (die OIB-Richtlinie 7 zur nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen ist noch ausständig), damit Bauherr:innen, planenden Architekt:innen und Ingenieur:innen sowie Ausführenden dabei keine Nachteile entstehen
  • Das Stellen eines Förderantrags sollte problemlos möglich sein! Vereinfachtes, überschaubares Förderwesen mit klaren Förderungskriterien und Fördermitteln in einer Höhe, die dem realen, evaluierten Preisniveau (siehe Forderung 1) angepasst ist
  • Überarbeitung des Richtwertgesetzes zur gerechten Aufteilung der Sanierungskosten

Nachhaltiges Arbeitskräftemanagement

  • Wir unterstützen die Bestrebungen, dem Fachkräftemangel durch Hebung des Ansehens des Handwerks entgegenzusteuern und den Lehrberuf aufzuwerten.
  • Weniger Steuern auf Arbeitskraft Die arbeitsintensive Sanierung ist momentan gegenüber dem Neubau benachteiligt, bedient den Arbeitsmarkt aber am besten und ist außerdem klimafreundlich.

1 Siehe dazu Leonhard Plank, Michael Miess et al.: Öffentliche Investitionen für den Klimaschutz in Österreich. Potenziale des öffentlichen Vermögens, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft Nr. 243, Working Paper der AK Wien, Juni 2023, emedien.arbeiterkammer.at/viewer/image/AC16870199/.