Public-private-Partnership bei Wiener Schul- und Kulturbauten

Information zu aktuellen Wettbewerben

Zwei aktuelle Verfahren in Wien: Bei einem empfehlen wir, nicht daran teilzunehmen, beim anderen kooperieren wir

Wir empfehlen allen Planern und Planerinnen, am aktuellen Wettbewerb Bildungscampus Berresgasse nicht teilzunehmen. Der Grund: Die Beauftragung wird nur bis zur Einreichung und Leitdetailplanung und somit nur mit etwa 50 % des Leistungsbildes nach HOA erfolgen. Alle weiteren Planungsleistungen werden durch den künftigen PPP-Partner erfolgen. Diese Reduktion des Leistungsbildes hat nicht nur einen massiven Qualitätsverlust in der Planung in einem so wichtigen Bereich wie dem Bildungsbau zur Folge, sondern stellt auch eine enorme Schwächung des Berufsstandes der Ziviltechniker(innen) dar. Diverse Vorschläge und Modelle der Kammer, beispielsweise die PPP-Partner dazu zu verpflichten, den Wettbewerb mit einer fairen Absichtserklärung durchzuführen, wurden von der Stadt Wien nicht angenommen. Die vorliegenden Erkenntnisse aus dem Verfahren Attemsgasse haben weiters gezeigt, dass eine in Aussicht gestellte mögliche weitere Beauftragung der aus dem Wettbewerb siegreich hervorgegangenen Planer für die weiteren Planungsschritte bei dieser Verfahrensart nicht erfolgen wird. Es findet also keine Qualitätskontrolle in der Ausführungsphase statt.

Warum kooperiert die Kammer beim Verfahren Wien Museum?

Bei diesem Verfahren war die Berufsvertretung in die Verhandlungen frühzeitig eingebunden. Hier hatten wir eine Ausloberin als Gegenüber, die die Verfahrensart PPP ebenso ablehnt, allerdings von der Finanzierungsseite seitens der Stadt Wien den Auftrag erhalten hat, ein PPP-Modell für die weitere Abwicklung als Möglichkeit in die Auslobung aufzunehmen.

Erstens bekennt sich die Ausloberin glaubhaft dazu, dass die gesamte Architektinnenleistung an die Wettbewerbsgewinner vergeben werden soll. Sollte ein PPP-Verfahren nicht verhindert werden können, dann wird eine Lösung gesucht, bei der die Planer nach Fertigstellung der Einreichplanung dem künftigen PPP-Planer "überbunden" wird. Sowohl die Ausloberin als auch wir sind der Ansicht, dass dies rechtlich durchaus möglich und weniger eine juristische Frage ist, sondern vielmehr vom politischen Willen abhängt.

Wir haben kooperiert, weil nach unseren intensiven Verhandlungen weiters sichergestellt wurde, dass beim Scheitern einer "Überbindung" an den PPP-Partner eine qualitätssichernde Begleitung bis zur Fertigstellung durch die Wettbewerbssiegerin erfolgen wird. Liest man die Absichtserklärung, so wird in dieser als mögliches Szenario die Beauftragung der Wettbewerbsgewinner etwa knapp 70 % nach der alten HOA betragen.

Die Ausloberin wird also im ungünstigsten Fall neben den Leitdetails auch die funktionale Leistungsbeschreibung sowie die Beratungsleistung bei der Vergabe an den PPP-Partner, die Bemusterungen, die Qualitätskontrolle in der Umsetzung und die Kontrolle mit den festgelegten architektonischen Qualitäten bei den Wettbewerbssiegern beauftragen.

Das ist ein gänzlich anderes Bekenntnis der Ausloberin und wir glauben, dass die Ausloberin genauso wie wir als Berufsvertretung ernsthaft an einer gesamten Beauftragung interessiert ist und alles unternehmen wird, damit diese auch erfolgt. Die Einschätzung zu den Maastricht-Kriterien und deren rechtlicher Beurteilung ist am Laufen. Es gibt positive Anzeichen und rechtliche Einschätzungen, dass die Vergabe der gesamten Architekturleistung an die Wettbewerbsgewinner trotz PPP-Verfahren durchaus maastrichtkonform möglich ist. Dies wird sich nicht kurzfristig lösen lassen, wir haben aber dem Wien Museum angeboten, diese Frage auch über die Zeit des Verfahrens hinaus gemeinsam zu beobachten und unterstützend zu begleiten, um eine Gesamtbeauftragung zu ermöglichen.

Das Verfahren ist sicher nicht so, wie wir es uns wünschen. Die Unsicherheit bezüglich dem Beauftragungsumfang konnte trotz Bemühungen nicht zeitgerecht ausgeräumt werden. Trotzdem finden wir es als Berufsvertretung richtig, in diesem Fall dabeizubleiben, auch, weil wir so eventuell den weiteren Erfolg im Sinne des Wettbewerbs und der Teilnehmer(innen) durchsetzen können.

Sie sehen also: So ähnlich die beiden Verfahren im ersten Moment scheinen mögen, so unterschiedlich stellen sie sich im Detail dar. Wir hoffen, dass wir mit der Erfahrung des Verfahrens Wien Museum mit der Stadt Wien beim nächsten Bildungscampus wieder ins Gespräch kommen können und gemeinsam eine ähnliche Lösungsperspektive erarbeiten können.

Christoph Mayrhofer, Vorsitzender Sektion Architektinnen

Michael Anhammer, Vorsitzender Ausschuss Wettbewerbe

 

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