BIM (Building Information Modeling - Gebäudedatenmodellierung)

Das ist die Art und Weise, wie wir in Zukunft planen werden. Ja. Ob wir wollen oder nicht.

Diese Entwicklung ist die logische Fortführung dessen, was ohnehin schon in vollem Gange ist - die Verlagerung der Welt in den virtuellen Raum. Denn BIM ist eine Tochter des Internets und die Schwester von Google, Cloud-Computing, Facebook etc. Tritt man einen Schritt zurück und beobachtet die letzten zwanzig Jahre, bekommt man ein Gefühl dafür, was in zwanzig Jahren sein wird. Selbst unsere Kleidung wird Teil der virtuellen Welt, des "Internets der Dinge" sein, da die Hersteller beginnen, alles mit Computerchips zu bestücken und in den Datenraum zu integrieren. Kamen bis vor kurzem noch einige dutzend Prozessoren auf jeden Einwohner, werden es in naher Zukunft mehrere zehntausend Prozessoren sein, schätzen Experten. All diese Chips füttern den Datenraum und lassen eine virtuelle Welt entstehen, mit BIM als einem Teil davon, jedoch ohne klare Abgrenzung, da die Grenzen vollkommen verschwimmen und alles miteinander verknüpft wird.

Jedoch konkret zum Hier und Jetzt:

Unser Berufsstand steht vor der Aufgabe, den Start von BIM richtig zu organisieren und Realität werden zu lassen. Erste Gehversuche sind bereits erfolgt, dabei wird Folgendes klar:

Wir haben hier einen weiten Weg vor uns. Die Abläufe der einzelnen Planungspartner sind vollkommen neu zu organisieren. BIM ist von Anfang an mehrdimensional, die Abläufe erfolgen miteinander und nicht nacheinander, daher ist die Vorleistung auf weiten Strecken nicht abgeschlossen, alles hängt voneinander ab und ändert sich deshalb ständig.

Dabei den Überblick zu bewahren und den Workflow sinnvoll zu gestalten, ist die Aufgabe der Zukunft. Hier bedarf es neuer Ansätze und neuer Planungsstrategien, für die man offen sein muss, damit sich eine evolutionäre Entwicklung einstellt, deren Richtung sich erst zeigen wird. Eine - bereits existierende - frühe Normung muss in dieser Hinsicht stets hinterfragt und der Entwicklung angepasst werden, nicht umgekehrt. Hier ist zu wünschen, dass sich die Norm in der Praxis ausreichend etablieren muss, bevor sie zu einem rechtsverbindlichen Status erhoben wird.

Der momentane Stand

Aufgrund der eigenen Erfahrungen mit BIM in der Praxis sowie der Teilnahme an diversen BIM-Vorträgen der Softwarehersteller hat sich folgendes Bild ergeben:

Die Softwarehersteller bewerben BIM energisch, haben aber noch eine Unmenge an Hausaufgaben zu erledigen. In den Vorträgen gewinnt man den Eindruck, dass BIM das Ersatzwort für "3D-Planung" ist, die in den meisten Ingenieurbüros seit mehr als einem Jahrzehnt die tägliche Praxis darstellt. Diese hat jedoch mit BIM wenig zu tun, da BIM mehr eine Datenbank ist als eine Zeichenmethode.

Weiters bewerben die Softwarehersteller eine Umgebung, in der alle Planungsbeteiligten mit dem Programmsystem des jeweiligen Herstellers arbeiten, weil die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Programmsystemen verschiedener Hersteller noch nicht befriedigend funktionieren.

Internationale Organisationen wie buildingSMART arbeiten an Standards für den Informationsaustausch, wie z. B. den IFC (Industry Foundation Classes) für den modellbasierten Datenaustausch im Bauwesen. Laut der vom Fraunhofer IAO (Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation) erstellten BIM-Studie "Digitale Planungs- und Fertigungsmethoden" für Planer und Ausführende bescheinigen null Prozent der Planer ein hundertprozentiges Funktionieren des Austauschformats IFC.

Weitere interessante Ergebnisse dieser Studie:

  • Nur 2,6 % der Befragten tauschen häufig Planungsdaten mit dem Austauschformat IFC aus. 72,5 % verwenden IFC nie.
  • Das Abgleichen verschiedener Planungsinhalte erfolgt bei 69 % der Befragten zu 75 bis 100 % anhand von 2D-Dateien. 15 % gleichen den Planungsstand mit den Projektpartnern immer mit Papierplänen ab, 14 % häufig.
  • 87 % geben an, häufig oder immer die Formate .dwg oder .dxf als Austauschformat zu verwenden.
  • Bei der Frage, ob es in den Projekten Schnittstellenprobleme zwischen den an der Planung, Ausführung und Fertigung beteiligten Partnern gibt, geben 59 % an, dass dies aufgrund unterschiedlicher Software und fehlender Austauschformate der Fall ist. ·
  • Nur 6 % der Befragten sind der Meinung, dass die Abgabe von digitalen Gebäudeinformationsmodellen vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden sollte.

Um es klarzustellen:

BIM ist nur sinnvoll, wenn jeder Planungsbeteiligte in seiner gewohnten Programmumgebung arbeiten kann, da viele Programme speziell für seine Arbeit entwickelt wurden, z. B. Berechnungsprogramme für Ingenieure. Die ganze Kraft der Softwareindustrie sollte darauf gerichtet werden, eine reibungslose Kompatibilität des Datenaustausches vom und zum BIM-Modell sicherzustellen. Man hat den Eindruck, dass hier zu langsam und zu wenig entwickelt wird, gemessen an der Dringlichkeit des Themas, der Eigenwerbung der Firmen und den nicht spürbaren Fortschritten der jeweiligen Programmupdates.

In diversen Artikeln über BIM und einschlägigen Werbungen wird der Nutzen von BIM für die verschiedenen Prozessbeteiligten "geschönt". Den Bauherren wird suggeriert, dass die Planungsabläufe effizienter und schneller erfolgen, sodass der Eindruck entsteht:Planen wird billiger; den Planern wird erklärt, dass mehr Aufgaben auf sie zukommen und daher mit neuen Geschäftsfeldern mehr Umsatz erwirtschaftet werden kann, also: Planen wird teurer.

Als Planer sind wir fest davon überzeugt, dass durch BIM die Planung aufwendiger wird, da mehr Informationen erstellt und verarbeitet werden müssen. Als Erklärung möchte ich anführen, dass die Planung seit dem CAD-Zeitalter auch im Vergleich zum Zeitalter der Handzeichnungen nicht weniger wurde, sondern mehr. Trotz Kopierbefehl. Ein Grund dafür ist der Umstand, dass mit den Möglichkeiten der Werkzeuge auch die Anforderungen steigen. Man braucht nur die Projekte der 70er Jahre mit heutigen Projekten vergleichen, dann wird es offensichtlich. Genauso werden die Möglichkeiten, die BIM bietet, einen weiteren Komplexitäts- und Entwicklungsschub bringen. Eine BIM-Evolution, die für mehr Qualität mehr Zeit fordert.

Ausblick

Der Nutzen von BIM ist: Die Information, die BIM bereitstellt, kann von allen Beteiligten genutzt werden.

Die Planung erfolgte immer in Teamarbeit, der Unterschied ist: Die Informationen sind früher und umfangreicher zugänglich.

BIM hört nicht bei der Planung auf. Die Baufirmen werden sich künftig die Informationen aus der BIM-Datenbank holen oder sich automatisch generierte Pläne ausdrucken, entsprechend ihren Zugangsrechten und der eingesetzten Technologie. Man denke nur an die Möglichkeiten, die beispielsweise die Microsoft HoloLens bieten will. Herkömmliche Vermessungspläne, Polierpläne, Schalungs- und Bewehrungspläne, Ausbaupläne etc. wären damit Geschichte oder würden auf Wunsch und per Zusatzauftrag (neues altes Geschäftsfeld!) aus dem BIM-Modell extrahiert werden. In den nächsten Jahren werden wohl noch Pläne benötigt werden, bis irgendwann einmal das Gebäude analog CNC-Technologie erstellt werden kann. In diesem Fall muss die Planung perfekt sein.

Somit ist klar: Die Anforderungen an die Planung werden nur steigen. Es muss alles passen, damit das Bauen effizienter wird. Dabei muss die Bauüberwachung auch im BIM integriert werden, da sich Fehler gravierender als bisher auswirken werden.

Der Bauherr wiederum verfügt auf Lebensdauer des Bauwerks über alle Informationen, angefangen von Geometriedaten wie Flächen über Materialien bis hin zur Bestellnummer der Absperrhähne des Warmwassers im Übergabeschacht. Der Facilitymanager wird hier wirklich glücklich, vorausgesetzt, die Bestellnummer ist in 15 Jahren noch dieselbe ...

Ob und wann die Planer es werden, steht noch in den Sternen. Klar ist, dass vorerst Investitionen, Schulungen und Umstrukturierungen im Büro auf uns zukommen. Wir müssen uns auf die Aufgabe BIM gut vorbereiten und die Honorare so gestalten, dass damit alle zufrieden sein können.

Die Entwicklung einer neuen Planungskultur erfordert das Engagement aller. Das Ziel ist noch unbestimmt. Gestalten und bestimmen wir es gemeinsam.

Martin Haferl & Dimitrios Stefanoudakis

Fachgruppe Bauwesen

BIM Meeting Brüssel - Papier der Arch+Ing Kammer Österreich

  • Kein Zwang zur Anwendung von BIM wenn ein tool gut ist, wird es sich von selbst am Markt durchsetzen. Daher auch keinerlei Zwang für öffentliche Auftraggeber zum Einsatz von BIM.
  • Freie Wahl der Mittel in der Erbringung kreativer Leistungen Unabhängigkeit und Eigenverantwortung müssen erhalten bleiben
  • Klärung von Autorenschaft und Haftung bei Anwendung von BIM Autorenschaft, Urheberrechte und Haftungsfragen scheinen bislang völlig ungeklärt. Vor deren Klärung kann es keine Empfehlung für BIM von Seite der Architekten- und Ingenieurschaft geben.
  • Schutz vor Abhängigkeit von Softwareherstellern Der verpflichtende Einsatz von hochentwickelten Werkzeugen birgt eine große Gefahr von Abhängigkeit. Wie kann dem begegnet werden?
  • Schutz kleiner Einheiten von Kulturschaffenden Es ist sicher zu stellen, dass kleine und mittlere Architekturbüros aufgrund der Komplexität und der Kosten von BIM nicht vom Markt verdrängt oder in Nischen abgeschoben werden.
  • Diskussion der Auswirkungen von BIM auf die Honorarsituation der Architektinnen und Ingenieurinnen Was bedeutet eine vorgegeben Planungsmethode auf weltweit einheitlichem Standard für die Austauschbarkeit von Planern. Was bedeutet ein weltweiter Markt für die Durchsetzung von Mindeststandards der Ausbildung von Architekten und einer dem regionalen Lebensstandard adäquaten Honorierung.

Christine Horner

stlv. Vorsitzende der Sektion Architekten

Artikel zu BIM in Medien der Kammer finden Sie unter diesem Link